
Liebes Allgäu, nach all den Wochen und Monaten, die ich zu Hause “im Flachland” verbringen musste, hast Du mein Bergweh-geplagtes Herz mit so viel schneebedeckten Gipfeln, Bergpanoramen und Alm-Romantik erfüllt, dass ich endlich wieder richtig glücklich bin. Aber mal im Ernst: Es wäre wirklich nicht schwer, einen Liebesbrief ans Allgäu zu verfassen. Bisher habe ich diese Region (wie viele andere in Deutschland) völlig ignoriert und bin lieber gleich über die Grenze nach Österreich gefahren. Doch wie ich jetzt weiß, war das ein großer Fehler! Das Allgäu hat mich mit seinen Bergen und den tollen Wanderwegen total verzaubert und niemals hätte ich eine solch atemberaubend schöne Berglandschaft in Deutschland erwartet. Während der vier Tage, die wir im Allgäu verbracht haben, haben wir schönste Wanderungen durch hochalpines Gelände unternommen, sind Gipfel bestiegen und haben in kristallklaren Bergseen gebadet, haben uns in der Breitachklamm von spektakulären Wasserfällen einregnen lassen und auch das ein oder andere eiskalte Radler auf den Hütten geschlürft.
In diesem Beitrag findest Du all unsere Wanderungen inklusive GPS und jede Menge Inspiration für deinen Kurzurlaub im Allgäu. Darüber hinaus verrate ich Dir, wo wir mit unserem Campervan mit schönster Wald- und Bergaussicht übernachtet haben.
Ankommen in Oberstdorf im Allgäu – Ein Traum von Bergen
Sicher wäre es leicht gewesen schon früher einmal Bilder aus dem Allgäu zu googeln, doch wäre ich bis uns Corona an die Heimat “fesselte” ehrlich gesagt nie auf die Idee gekommen, vor der österreichischen Grenze anzuhalten. Zu groß war immer die Sehnsucht nach den “echten” Alpen und den ganz hohen Bergen. Dabei habe ich natürlich total verpasst, dass auch die Berge des Allgäus locker über die 2000 Meter Marke reichen und nahezu dieselbe wundervolle Berglandschaft bieten – nur mal eben ein paar Fahrstunden näher an meiner Heimatstadt. Ihr könnt euch also vielleicht vorstellen, wie ich aufgeregt und hibbelig wie ein kleines Kind im Auto saß, als die Berge am Horizont immer näher kamen und sich schließlich imposant vor uns erhoben. Zentrum all unserer Wanderungen und Ausflüge sollte Oberstdorf sein, da ich gleich mehrere vielversprechende Wanderungen recherchiert hatte, die allesamt in unmittelbarer Nähe lagen.
Tag 1: Wanderung zum Unteren Gaisalpsee
Länge: 10,3 km
Höhenmeter: 670 positiv, 670 negativ
Gehzeit: 4 h
Nachdem wir am Donnerstagabend dann doch in allerlei Wolken ankamen, küsste uns früh morgens die Sonne durch die Heckscheiben wach. Das Licht war rosa und blau und frischer Tau lag auf den Grashalmen und der Tag versprach, uns ein Bergerlebnis wie aus dem Bilderbuch zu bescheren. Und wirklich: Als wir gegen neun den Wanderparkplatz im Dorf Reichenbach erreichten, stand die Sonne schon hoch vor einem strahlend blauen Himmel. Ziel unserer Wanderung war der Untere Gaisalpsee. Ganz so, wie man sich einen Bergsee vorstellt, schmiegt sich dieser türkis funkelnd in die hoch gelegene Alm vor den Gipfeln von Rubihorn, Nebelhorn und Niedereck. Mindestens genauso spektakulär wie dieser Anblick ist aber die Wanderung selbst.
Bereits der erste Teil des Weges führt immerzu neben rauschenden Wasserfällen des Gaisalpsees bergan, bis uns die Gaisalpe mit saftig grünen Wiesen, Kuhglockengebimmel und dem Duft von Wildblumen empfing. Auf dieser Alm liegen auch der Berggasthof Gaisalpe und die Untere Richteralpe – perfekt, um auf den Rückweg den Hunger vom Wandern mit einer großen Portion Spinatknödel zu befriedigen. 😉 Nachdem wir die beiden Hütten zugegeben nicht ganz freiwillig links liegen ließen, folgte der spannendste, aber auch anstrengendste Part der Wanderung: Der steile Anstieg zum Unteren Gaisalpsee. Doch dieser ist mindestens so schön wie schweißtreibend. In vielen schmalen Serpentinen schlängeltes sich der Weg über Geröll und einige mit Stahlseilen gesicherten Passagen über den Fels, bis ein hoher Wasserfall rechterhand den See ankündigt. Diesen jedoch sieht man erst ganz zum Schluss, so sehr schmiegt er sich in das Hochplateau vor den Berggipfeln ein.
Als wir die Sonne, den See und Panorama ausreichend genossen hatten, begaben wir uns auf den Weg zurück ins Tal. Auch, wenn dieser Weg kein Rundweg ist, kann man jedoch wenigstens an zwei Stellen unterschiedliche Wege wählen, um das Wandererlebnis etwas abwechslungsreicher zu gestalten. So kamen wir auch zum Berggasthof Gaisalpe und bekamen dort – nach immerhin knapp 700 Höhenmetern Aufstieg und 450 Höhenmetern Abstieg die wohlverdienten Spinatknödel.
Tag 2: Wanderung über den Fellhorngrat
Länge: 8 km
Höhenmeter: 490 positiv, 490 negativ
Gehzeit: 3 h
Eine zweite wundervolle Wanderung unternahmen wir am Tag darauf am Fellhorn. Da ich wirklich liebend gern mit Bergbahnen und Sesselliften fahre, war der Ausflug für mich umso schöner, da wir für diese Wanderung die Fellhornbahn bis zur Mittelstation nahmen. Auf diese Weise schummelten wir immerhin 600 Höhenmeter und konnten uns umso mehr Zeit für die Aussichten am Fellhorngrat nehmen. Denn ich verspreche Dir, diese Wanderung und die Aussicht sind der absolute Knaller und brauchen allein fürs “In die Ferne gucken” schon deutlich mehr Zeit, als von Outdooractive berechnet!
Die Tour beginnt bereits wenige Meter hinter der Mittelstation mit einem Abstecher an den malerisch gelegenen Schlappoldsee. Ähnlich wie der Gaisalpsee liegt er gebettet in sanften Hügeln vor dem Gipfel des Fellhorn. Anders als am Rubihorn ist hier die Berglandschaft jedoch nicht schroff, sondern geprägt saftig grünen Wiesen, die die Berghänge bis zu den Gipfeln überspannen. Und genau dort, wo die Berghänge ihre schmalen Grate bilden, ist unser Ziel!
Vorbei an einem Meer als Alpenrosen führte uns der Weg durch die Wiesen bis zur Alpe Schlappold und von dieser schließlich steil hinauf zum Fellhorngrat. Wie die Grenzsteine bezeugen, verläuft dieser immerzu auf der deutsch-österreichischen Grenze. Schaust Du also linkerhand hinab, siehst Du das Allgäu, rechterhand das Kleinwalsertal in Österreich, während Dich ringsherum ein atemberaubendes Panorama aus blau schimmernden Berggipfeln umgibt. Am liebsten wäre ich diesen Wegabschnitt gleich nochmal gegangen, so unglaublich schön war er.
Vom Fellhorngipfel führt der Weg in einem eher moderatem Abstieg schließlich zurück zur Mittelstation – natürlich aber nicht ohne den obligatorischen Hüttenbesuch. 😉 Ein paar hundert Meter vor der Station liegt mit schönstem Bergblick die Obere Alpe Bierenwang und verwöhnt die Wanderer auf ihrer Terrasse mit frischer Milch, hausgemachtem Erdbeerjoghurt und diversen lecker belegten Broten.
Tag 3: Unterwegs an Allgäuer Wassern
Schlechtes Wetter? Perfekt für einen Ausflug in die Breitachklamm
Eintritt: 5 Euro zzgl. 3 Euro Parkggebühr (Stand 06/20)
Rundtour: ca 2 h
Nachdem wir die ersten beiden Tage wirklich absolutes Kaiserwetter genossen haben, ergoss sich am folgenden Morgen anscheinend sämtlicher Regen, der die Wochen zuvor auf sich hatte warten lassen. Stundenlang fielen ganze Bindfäden an Wasser vom Himmel, sodass binnen kürzester Zeit überall Rinnsale entstanden und manch einen Parkplatz in eine riesige Pfütze verwandelte. Dieses Wetter war jedoch perfekt für einen Ausflug in die sonst viel besuchte Breitachklamm. Immerhin sorgen Klammen wie diese sowieso häufig dafür, dass man ganz schön nass wird, noch dazu lässt der Regen die Ströme und Wasserfälle nur noch spektakulären und wilder werden. Der nette Nebeneffekt: Nur die allerwenigsten Leute haben tatsächlich Lust bei solchem Wetter wandern zu gehen.
Eingepackt in Regensachen stapften wir also los, um uns auf den kommenden zwei Kilometern von der Kraft des wilden Wassers begeistern zu lassen. Und wirklich – die Klamm glich einem einzigen Sturzbach. Wild tosend und laut floss unter uns die Breitach durch die engen Felsspalten, während über uns jede Menge kleine und größere Wasserfälle über die Felsvorsprünge stürzten. So war es noch viel leichter sich vorzustellen, wie es wohl gewesen sein musste, als 1995 ein großes Stück Fels in die Klamm hinab stürzte und eine 35 Meter hohe Flutwelle erzeugte.
Eine besonders spannende Perspektive bekommt man zudem, wenn man am oberen Ausgang den 45-minütigen Weg über die Alpe Dornach zurück zum Parkplatz wählt. Dann nämlich überquert man oberhalb der Klamm den sogenannten Zwingsteg, der in schwindelerregender Höhe den Blick in die Schlucht freigibt. Höhenangst solltest Du hier jedoch keine haben!
Ausflug zu den Buchenegger Wasserfällen
Länge: 4,2 km
Höhenmeter: 150 positiv, 150 negativ
Gehzeit: 1,5 h
Am Nachmittag hatten sich die dicksten Wolken zum Glück wieder verzogen, sodass uns wenigstens noch ein paar trockene Stunden blieben. Da diese natürlich zu wenig für eine ausgedehnte Wanderung gewesen wäre, machten wir stattdessen einen kleinen Ausflug zu den Buchenegger Wasserfällen hinter Oberstaufen. Sicher lassen sich auch diese in längeren Touren erwandern, doch an diesem Tag war uns der einstündige “Spaziergang” nur recht. Nichtsdestotrotz braucht es auch hier ordentliche Wanderschuhe, da das Gelände zumindest auf einem kurzen Stück steil hinein in die Schlucht führt, in der die Wasserfälle tosen. Und glaub mir, dieser Weg lohnt sich!
Die Buchenegger Wasserfälle stürzen kraftvoll, laut und wild in zwei übereinander liegenden Wasserbecken. Fällt hier die Sonne im richtigen Winkel ins Wasser, leuchtet dieses in schönsten Blau- und Grüntönen vor der Kulisse der dunklen Felsen und Bäume. Doch so einladend das Wasser dann auch sein mag, ist es definitiv nicht zum Baden geeignet! Die Wasserfälle haben nämlich über die Jahrhunderte sogenannte Gumpen ausgespült – also beckenartige Strudeltöpfe, in denen das Wasser mit unglaublicher Kraft zirkuliert. Würde man dort hinein geraten, ist der Sog des Wassers zu stark, um aus eigener Kraft wieder aufzutauchen. In den vergangenen Jahren sind dadurch an den Buchenegger Wasserfällen drei Menschen bei tragischen Unfällen ums Leben gekommen.
Badestop am Großen Alpsee
Viel besser lässt es sich dafür im unweit entfernten Großen Alpsee baden. Der Name ist Programm: Mit drei Kilometern Ausdehnung und knapp 8 Kilometern Uferlänge, ist der See mit seinem klaren Wasser perfekt für einen Badestop. Während am östlichen Ufer Restaurant, Strandbad und Bootsverleih liegen, finden sich ringsum jede Menge ruhige und abgelegene Badebuchten. Wir fanden am Südufer zwischen zwei großen Büschen sogar ein kleines verstecktes Plätzchen direkt am Wasser, wo wir von niemandem Besuch bekamen außer von zwei frechen Enten, die wohl einen Spürsinn für unsere Kekse hatten.
Tag 4: Eine letzte Wanderung durch Stillachtal & Rappenalptal zur Petersalpe
Länge: 14,1 km
Höhenmeter: 400 positiv, 400 negativ
Gehzeit: 4:15 h
Am vierten Tag beendeten wir unseren Kurzurlaub im Allgäu mit einer letzten halbtägigen Wanderung durchs Stillachtal zur Petersalpe. Entgegen der ersten beiden Wanderungen führt uns diese jedoch diesmal nicht auf die Berge, sondern an ihren Füßen entlang durchs Tals. Dennoch verspricht diese Tour echte Alm-Romantik!
Highlights dieser Wanderung sind nämlich die wirklich außerordentlich idyllisch gelegene Petersalpe und Buchrainer Alpe. Hier erwarteten uns grasende Kühe auf saftig grünen Wiesen, Berggipfel im Hintergrund und die nostalgisch anmutenden Holzhütten. Auf der Buchrainer Alpe stellt die Familie sogar noch in traditioneller Art selbst Käse her. Du solltest Dir also auf keinen Fall eines der leckeren, dick belegten Brote mit eben jenem hauseigenen Bergkäse entgehen lassen.
Solltest Du etwas Fahrrad-affiner sein als ich (ich fahre überhaupt nicht gern Fahrrad), kannst Du dir in Oberstdorf auch ein E-Bike ausleihen und die Tour zur Buchrainer Alpe entsprechend anpassen. Der Weg, der westlich des Rappenalpbachs verläuft, eignet sich hervorragend zum Radfahren.
Übernachten im Allgäu: Der schönste Stellplatz für den Camper
Camping-Regeln
- lass keinen Müll liegen
- bleib mit deinem Camper auf festem Grund stehen
- benutz für Abwasch & Körperhygiene nur biologisch abbaubare Seifen
- geh für die Toilette mindestens 60 m von Wegen weg und lass dein Klopapier nicht liegen
Wir haben es wirklich sehr genossen, die Abende in aller Ruhe am Camper zu verbringen. Dieses romantische Bild, das wir vom Reisen haben, hätten wir im jedoch im Allgäu beinah nicht bekommen. Auf wirklich jedem Parkplatz, auch auf den ganz entlegenen zwischen winzigsten Dörfern, galt ab 20 Uhr strengstes Parkverbot. Wir mussten gleich 8 verschiedene Plätze aus der App Park4Night anfahren, bevor wir schließlich zum Glück doch noch einen geeigneten fanden. Wir erklären uns dieses Phänomen damit, dass viele Campervan-Besitzer wohl leider immer noch nicht begriffen haben, dass ihre Freiheit auf keinen Fall bedeutet darf, Müll liegen zu lassen, rumzulärmen, illegale Lagerfeuer zu machen oder ganze Campingstätten vor ihren Autos zu errichten. Leider haben wir selbst solche Dinge (oder zumindest die zurückgebliebenen Spuren) oft genug gesehen. Ich möchte Dir dennoch verraten, wo wir schließlich übernachtet haben, weil fest davon überzeugt bin, dass es nicht nur Arschgeigen auf dieser Welt gibt und dass Du ganz bestimmt nicht zu ihnen zählst. Dennoch bitte ich: Lass deinen Müll nicht liegen und geh respektvoll mit deiner Umgebung um, damit noch viele nach Dir diesen tollen Platz genießen können.
K
Koordinaten:
47.519545, 10.333028
Der Platz von dem ich spreche liegt nämlich wirklich idyllisch inmitten von Wald und Wiesen am Ende einer Serpentinenstraße. Diese führt etwa 4 Kilometer von der Hauptstraße zwischen Sonthofen und Bad Hindelang auf den Berg. Das letzte Stück des Weges ist jedoch (zum Glück!) eine Mautstraße, die Du nur gegen Bezahlung von 2 Euro passieren darfst. Diese zahlst Du an einem Automat. Vergiss also nicht das Münzgeld, sonst musst Du zurück ins Tal 😉 Oben angekommen genießt Du dafür erholsame Ruhe.
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- einer zweitägigen Tour auf dem Kunstwanderweg durch den Fläming
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