Je nach Jahreszeit und wofür man sich begeistern kann, ist Sighisoara entweder das kunterbunte UNESCO-Weltkulturerbe voller Straßencafés oder die schaurige Geburtsstadt des Graf Dracula. Ob Du ihm in den Gassen oder auf dem vielleicht gruseligsten Friedhof der Welt wirklich begegnen wirst, kann ich Dir nicht versprechen – wohl aber kann ich Dir erzählen, was Du abgesehen von Vampiren in Sighisoara sehen und erleben kannst. In diesem Beitrag findest Du 6 Tipps für Sighisoara selbst, zwei lohnenswerte Ausflugs-Tipps, Restaurant-Tipp und die drei schönsten Unterkünfte. Und weil ich aber vom Vampir-Thema gar nicht genug bekommen kann, habe ich den Artikel noch um eine Erklärung ergänzt, wie Sighisoara zur Heimat des Graf Dracula wurde.

Wie Sighisoara die Heimat von Graf Dracula wurde

Fraglich, ob sich Sighisoara wirklich damit rühmen kann, die vermeintliche Geburtsstadt des Woiwoden Vlad Tepes (1431 – 1476) zu sein. Denn obwohl er in Rumänien lange als Held verehrt wurde, der das Land gegen Türken und Deutsche verteidigte, ranken sich um ihn unzählige Horrorgeschichten darüber, wie grausam er seine Opfer folterte. Unter allen Methoden, die ich nicht mal aufzählen möchte, war das Pfählen wohl seine liebste. Laut verschiedenen Quellen soll er auf diese Weise mehr als 100.000 Menschen getötet haben – was ihm den Beinamen “Vlad der Pfähler” einbrachte. Doch besser ist er sogar unter einem anderen Namen bekannt: Vlad III. Draculea. Dieser leitet sich wohl von seiner Mitgliedschaft im Drachenorden ab, wobei “Dracul” auf das lateinische Wort “Draco” für “Drache” zurückgeht. Weil “drac” im Rumänischen aber auch so viel wie “Teufel” bedeutet, wird der vielleicht grausamste aller Woiwoden zuweilen auch als “Sohn des Teufels” bezeichnet. 

Doch wie wurde aus Vlad dem Pfähler nun der vielleicht berühmteste Vampir, der jemals Literatur, Film und Theater erobert hat? 

Die Antwort mag für Gruselfans ernüchternd sein. Inzwischen ist nämlich bekannt, dass Bram Stoker, Vater des Dracula, eher zu den reisefaulen Literaten zählte und niemals selbst in Transsilvanien war. Stattdessen bediente er sich bei seinen Beschreibungen dem Werk “The Land beyond the Forest. Facts and Fancies from Transylvania” (1888) der  schottischen Reiseschriftstellerin Emily Gerhard. Entgegen der festen Behauptungen des rumänischen Tourismusverbandes war es erwiesenermaßen auch nicht Schloss Bran, das Stoker zur Vorlage Draculas Schlosses diente – sondern Slains Castle in Schottland. Wohl aber diente ihm Vlad III. Draculea als Inspiration für seinen grauenvollen Protagonisten. Davon, dass der Woiwode Blut trank, war jedoch nie die Rede. Dieses Detail ist Teil des bereits sehr viel älteren Vampir-Narrativs. Wusstest Du, dass Bram Stokers Dracula* nämlich gar nicht der erste Vampirroman war? Dieser erschien bereits 78 Jahre zuvor unter dem Titel “The Vampyr”, geschrieben von John William Polidori. *

Heute profitiert Sighisoara also vor allem von der Bekanntheit Bram Stokers Dracula, auch wenn weder vom Woiwoden noch vom Grafen viel mehr übrig geblieben ist als etwas Kitsch in den zahlreichen Souvenirläden… oder habe ich da etwa gerade einen Nebelschleier unter dem Türrahmen gesehen?

Glaube ist das, was uns befähigt, Dinge für wahr zu halten, von denen wir wissen, dass sie nicht wahr sind.

6 Tipps für einen Tag in Sighisoara

Tipp 1: Bummeln durch die bunte Altstadt

Hast Du schon einmal auf Instagram nach Bildern aus Rumänien gesucht, wirst Du sicherlich unweigerlich auf die kunterbunten Straßen Sighisoaras gestoßen sein. Denn neben ihrer Geschichte als Draculas Geburtsstadt ist sie vor allem für ihre bunten Gassen bekannt. Sogar die UNESCO hat Sighisoara aufgrund ihrer Einzigartigkeit zum Weltkulturerbe ernannt. Trotz dieses Titels sehen die Häuser so aus, als wäre das Geld für die frische Farbe ausgegangen – doch macht genau das den Charme der Stadt aus. Schlängelt man sich im dunklen Winterwetter durch die labyrinthischen Gassen entlang der abblätternden Fassaden, wird es zumindest nicht schwer fallen, sich der gruseligen Geschichte von “Graf Dracula” zu erinnern. Erst recht nicht, wenn mit der aufziehenden Nacht die alten Straßenlaternen angehen und ihre Lichter auf dem nassen Kopfsteinpflaster tanzen. 

Im Sommer mutet die Stadt aber wahrscheinlich ganz anders an… wenn die Sonne die Straßen mit ihrem Licht durchflutet und all die Restaurants und Cafés vor den bunten Mauern ihre Terrassen aufbauen. Es kommt also vor allem auf deine Erwartungen an, wie Du Sighisoara sehen und empfinden wirst… Im Winter hilft es jedenfalls sehr, ein Fan von Schauergeschichten zu sein. 

Doch egal, wann Du kommst, den interessanten Weg durch die Stadt leiten Dir die 9 der 14 erhaltenen Wehrtürme. Alle, bis auf einer, wurden sie nach den jeweiligen Zünften benannt, die die Türme im 14. Jahrhundert errichtet und in Kriegszeiten verteidigt haben. Mal sehen, ob Du sie alle findest… den 

  • Schneider-Turm
  • Zinngießer-Turm
  • Seilmacher-Turm
  • Fleischer-Turm
  • Schuhmacher-Turm
  • Spengler-Turm
  • Gerber-Turm 
  • Kürschner-Turm

Tipp 2: Aufstieg auf den Stundturm (Turnul cu Ceas)

Er ist das unbestrittene Wahrzeichen der Stadt und der einzige, der nicht nach einer Zunft benannt wurde: Der gewaltige Stundturm mit seiner auffälligen schwarzen Uhr und den fünf Turmspitzen. Sein mechanisches Uhrwerk ist in ganz Rumänien einzigartig. Jede neue volle Stunde und der Tageswechsel werden von einem Figurenspiel begleitet. Ganz nebenher dient er auch hervorragend als Orientierungspunkt – sowohl von unten als auch von oben. Im Sommer nämlich kann man den Turm zwischen 09.00 und 17.30 Uhr (wochentags) und 09.00 und 18.30 Uhr (am Wochenende) besteigen. Ein Ticket kostet 14 Lei. Auf dem Weg nach oben sieht man dabei jede Menge Exponate aus mehreren Jahrhunderten Geschichte der Siebenbürger Sachsen.

Tipp 3: Über die Schülertreppe (Scara a​​coperită) zur Bergkirche (Biserica din Deal)

Am Rande der Altstadt wirst Du ein ungewöhnliches Bauwerk entdecken: Eine überdachte, hölzerne Treppe. Ursprünglich im 17. Jahrhundert gebaut, um den Kindern im Winter den eisigen Weg zur Schule zu erleichtern, führen die 176 Stufen auch heute noch hinauf zum Schülerberg. Trittst Du oben aus dem Gang heraus, wirst Du unweigerlich die große Bergkirche erblicken. Im gotischen Stil erbaut, fügt sie sich wunderbar in das so schaurig anmutende Stadtbild ein. Ging es unten noch trubelig zu, bist Du hier oben vermutlich ganz allein.

Tipp 4: Bei Nacht und Nebel auf den Friedhof

Vergiss Schloss Bran! Wenn es einen Ort gibt, an dem sich die schaurige Atmosphäre von Stokers Dracula nachfühlen lässt, dann der Friedhof über Sighisoara. Mehr als zweitausend verwitterte Steingräber reihen sich schief und krumm auf den Hügeln des Schülerbergs – über ihnen die ausladenden Äste der knarzenden Bäume, die im Wind in die Luft zu greifen scheinen. Und fast als wollten sie die Szenerie zu einer Kulisse komplettieren, krächzen die Krähen, während sie über den Gräbern ihre Kreise drehen. Warte auf das schlechtmöglichste Wetter, schnapp Dir deine Stoker oder Edgar Allen Poe-Ausgabe (Standard-Gepäck für eine Rumänien-Reise) und lass Dich von der Atmosphäre packen!

Tipp 5: Aufwärmen mit heißer Ciorba in der Casa Cojo

Dieser ist ein echter Geheimtipp! Der urgemütliche Speiseraum (Restaurant wäre zu viel gesagt) der Casa Cojo ist nämlich weder auf Google oder in irgendwelchen Blogbeiträgen zu finden – und das obwohl in ihr die mit Abstand beste hausgemachte Ciorba serviert wird, die ich in Rumänien bekommen habe. Stell Dir das nur einmal vor… durch die eisig kalten Gassen von Sighisoara zu spazieren, Hände und Füße sind erfroren, doch dann entdeckst Du dieses verheißungsvolle bunte Schild, das Dich in eines der wunderbar geheizten Häuser einlädt: “Today we make Ciorba”. Und schon auf der Schwelle riechst Du den würzigen Duft der Suppe, an der Du dich gleich in der wohligen Atmosphäre des Kachelofens aufwärmen wirst…

Tipp 6: Sonnenuntergang schauen am Observatorul Lunca Postei

Nur einen 20-minütigen Fußweg von der Altstadt entfernt befindet sich ein ideal gelegener Aussichtspunkt: Der Observatorul Lunca Postei im Südosten der Stadt. Geht abends die Sonne unter, blickt man von ihm direkt in nordwestlicher Richtung auf die Stadt, deren Silhouette sich dann – mit etwas Glück – vor dem goldenen Himmel abzeichnet. Achte nur darauf, dass Du nicht zu spät den Rückweg antrittst, da die letzten Meter nur über eine unbeleuchtete Wiese führen. Im Sommer, wenn die Wildblühen blühen, lohnt es sich sogar, ein bisschen eher loszugehen und einen Sundowner mitzunehmen. Wiese und Aussicht sind dann wirklich romantisch! Tipp für die FotografInnen: Eine Brennweite zwischen 100 und 300 mm einpacken.

Ausflüge rund um Sighisoara

Ausflug zur Kirchenburg Biertan

Ebenfalls auf der Liste der UNESCO Weltkulturerbe, zählt die Kirchenburg Biertan zu den berühmtesten des Landes. Ende des 15. Jahrhunderts im gotischen und Renaissance-Stil erbaut, thront sie fast schon lächerlich groß über der sonst so winzigen Ortschaft. Drei Tore öffnen einen Weg zur Burg, zu ihrem Komplex zählen die Kirche und sechs Türme, darunter der Mausoleumsturm mit den Gräbern der Priester, der Wehrturm mit seiner wunderbaren Aussicht und der Gefängnisturm. In letzterem hatte man im Mittelalter ein Ehe-Gefängnis eingerichtet. Hatte sich ein Ehepaar zerstritten, wurde es 14 Tage lang zusammen im Rahmen einer “Eheberatung” in einen spartanisch eingerichteten Raum gesperrt. Erst danach durften sie entscheiden, ob sie getrennte Wege gehen wollten. 

Anschließend an den Besuch der Kirchenburg lohnt ein Bummel unterhalb ihrer Mauern. Dort stehen für gewöhnlich mehrere Marktstände, an denen originelle Souvenirs und Spezialitäten verkauft werden – eine tolle Abwechslung nach dem viel gesehenen Dracula-Kitsch.

Ausflug zum ​​Castelul Bethlen Criș

Obwohl es zum Castelul Bethlen Criș sehr viel weniger zu erzählen gibt – zumindest soweit meine Recherchen reichen – war dieser Ort für mich einer der mit Abstand schönsten, den ich während der Rumänienreise gesehen habe… Man weiß nicht einmal genau, wann das Schloss erbaut wurde. Nur, dass es im Stil der siebenbürgischen Renaissance gehalten wurde. Obwohl stellenweise ziemlich verfallen, kann man noch immer die Einfriedung mit ihrem quadratischen Grundriss und die vier kreisförmigen Bastionen an ihren Ecken erkennen. Doch das war es nicht, was mich so sehr begeistert hat… viel mehr die friedliche, vielleicht sogar magische Stimmung, die zwischen den Mauern herrschte oder die Öffnung in der Mauer, hinaus in den Wald, die in dem Moment, als das goldene Winterlicht zwischen die Baumkronen fiel, wie ein Tor in eine andere Welt wirkte…

Restaurant-Tipps für Sighisoara

Zum Frühstück ins The Bean Speciality Coffee

The Bean weckt seine Gäste am liebsten mit Kaffee aus der hauseigenen Rösterei. Dabei kannst Du sogar die Zubereitungsart wählen: Siebträgermaschine, French Press, Aeropress… Die Boys & Girls hinterm Tresen wissen auf jeden Fall ganz genau, was sie tun. Dazu kommen pochierte Eier, Sandwiches oder herzhafte Crepes auf den Teller – einfach, aber lecker. 

Für einen leichten Lunch ins Restaurant Wanderer

Direkt vor den Toren der Altstadt und nur einen 5-minütigen Fußweg von der Stadtmitte entfernt, serviert das Restaurant Wanderer köstliche Suppen, Salate und Kleinigkeiten wie hausgemachten Hummus. Für ein Dinner wäre mir die Atmosphäre des Hotelrestaurants ein bisschen zu kühl, für das Mittagessen ist sie aber perfekt.

Für Kaffee und Tee ins Atelier

Sommers wie winters serviert das Atelier entweder auf seiner zuckersüßen Terrasse oder in seinen stylischen Innenräumen besten Kaffee, hausgemachte Limonaden,  Tees und Longdrinks. Ambiente und die Art, wie die Getränke serviert werden, lassen dabei fast vergessen, dass man sich in einem winzigen Städtchen mitten im rumänischen Nirgendwo befindet. 

Strada Octavian Goga 4, Sighișoara

Zum Dinner in die Casa Joseph Haydn

Elegant und raffiniert, aber nicht abgehoben: Im Gewölbe der Casa Joseph Haydn werden feinste Fleisch- und Fischgerichte gezaubert: Zum Beispiel Beef Tartar, Enten Pastete, zubereitet mit Ananas und Zimt auf frisch gebackenem Brot, ein Pork Tomahawk, serviert mit einer karamellisierten Zwiebel-Balsamico-Vinaigrette… hinterher gibt’s Tarte Tatin oder Mousse au Chocolate mit Frucht-Crumble.

Für einen entspannten Abend mit Drinks & Live Musik ins ReFresh

Während der warmen Sommermonate verwandelt sich der Innenhof des Mystical Transylvania in die chillige Outdoor-Bar ReFresh mit regelmäßigen Events wie Konzerten, Filmnächten oder Workshops.

Übernachten in Sighisoara

Im Winter: Casa Savri

Knarzendes Fachwerk, gemauerte Wände, alte Holztruhen… ich liebe es, wenn Unterkünfte zur Atmosphäre eines Ortes passen! Trotzdem sind die Zimmer der Casa Savri keineswegs angestaubt. Die alten Möbelstücke sind sehr bewusst gewählt, im Bad jedoch wurde bewusst darauf verzichtet, sodass man unter der Dusche ins 21. Jahrhundert zurückkehren kann. Vielleicht ist die Casa Savri damit nicht die erste Wahl, wenn man als Pärchen reist und es lieber ein bisschen sexy haben will… in jedem anderen Fall ist dieses Hotel aber ein echtes Erlebnis!

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Im Winter: Hotel Wanderer

Ebenso gemütlich, aber deutlich moderner schläft man in den brandneuen Zimmern des Hotels Wanderer. Wuchtiges Naturholz trifft auf feine, dunkle Metallelemente – ein Hauch Industrial auf den sonst so cleanen und minimalistischen Landhaus-Look. Spielereien wie schwebende Betten, freistehende Badewannen, massive hölzerne Schiebetüren und eine Chill Area unter der Decke machen die einzelnen Zimmer noch spannender. Tipp: Lass Dir auf keinen Fall das Frühstück entgehen, wenn Du auf Oatmeals stehst!

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Im Sommer: Velea Verde

Im winzigen Dörfchen Cund, nur wenige Minuten von Sighisoara entfernt, haben Ulrike und Jonas Schäfer ein kleines Paradies geschaffen: Urgemütliche Apartments sind umgeben von Wiesen und Obstbäumen, ringsherum Weinberge und Wälder. Der Garten mit seinem Schwimmteich bietet dabei so viele tolle Plätze zum Lesen und Entspannen, dass man die Sightseeing-Tour am liebsten vertagen will. Soll heißen: Es macht durchaus Sinn die Zeit in Sighisoara um einen Tag zu verlängern, wenn man im Velea Verde übernachtet. Zusätzlich zur tollen Anlage wird man am Abend in herausragender Weise bekocht. Die Zutaten stammen aus der umliegenden Region, Gemüse und Kräuter sogar aus den hauseigenen Beeten. Und wenn die Ruhe doch irgendwann zu ruhig wird, stehen Trüffeljagd, Radtouren und Ausritte im Angebot.

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