Lombok ist genau so, wie wir uns Bali erträumt haben, bevor wir diesen Sommer das erste Mal da waren. Die Insel lebt noch nicht wie Bali vom Tourismus sondern vornehmlich von der Fischerei. Natürlich gibt es trotzdem die typischen Touristenorte mit Resorts und Restaurants, dazwischen aber ist die Insel ursprünglicher und wir haben hier unbeschreibliche Freundlichkeit und Herzenswärme erlebt.

Nach unserer Überfahrt liehen wir uns gleich einen Roller und düsten los: An die Strände im Nordwesten der Insel, in das Dorf Sukarara und zu den endlosen Reisfeldern von Tetebatu. Wir nahmen uns viel Zeit und hielten überall, wo es uns gefiel und überall trafen wir auf bezaubernde, liebevolle Menschen. Die Einheimischen waren im Gegensatz zu den Balinesen anfänglich etwas zurückhaltend, aber tauten umso schneller auf, sobald wir sie anlächelten oder einfach nur freundlich grüßten.


Ein Markt auf dem Weg zum Sukarara Village

Wir fuhren gezielt in Richtung Sukarara, um dort das Dorf der webenden Frauen zu besuchen. Auf dem Weg kommen wir an eine volle und für uns – mit dem Roller – unpassierbare Straße. Es ist Markttag. Die Einheimischen fahren natürlich mit ihren Rollern und Cidomos (kleine Pferdekutschen) durch die Menschenmassen. Wir sind etwas überfordert, drehen um und suchen etwas weiter zurück einen Platz für unseren Roller, um dann zu Fuß weiterzugehen.

Auf dem Markt gibt Obst, Gemüse, frische Chilis, Gewürze, Suppen, die an kleinen Suppenwagen ausgegeben werden, lebende und frittierte Hühner, Stoffe und Textilien, Kochutensilien und bunte Plastikeimer jeder Größe. An den “Ständen” – meist auf dem Boden ausgebreitete Tücher und Planen – sitzen ausnahmslos Frauen. Nur wenige Männer sind auf dem Markt unterwegs – wenn dann fahren sie Roller und Cidomos oder bringen große Kisten Gemüse. Nur ältere Männer sieht man vereinzelt bei den Verkäuferinnen stehen.

Wir sind die einzigen Touristen auf dem Markt. Hier und da werden wir skeptisch beäugt, nicht böswillig, eher ängstlich. Trotzdem fühlen wir uns etwas unbehaglich. Ich versuche das Geschehen einzufangen, die Frau mit den Chilis finde ich besonders faszinierend. Als wir auf sie zugehen, um ihr das Foto zu zeigen und zu fragen, ob das ok sei, lacht sie uns feundlich an. Es scheint ihr zu gefallen. Wir kaufen eine Tüte Chilis bei ihr und laufen weiter.

Als wir ans Ende des Marktes kommen, fragen wir einen jungen Cidomo-Fahrer, ob er uns bis zum Dorf der Weberinnen bringt. Wir genießen den leichten Fahrtwind. Die Frauen, an denen wir vorbei fahren, beachten uns kaum, die jungen Männer pfeifen mir nach und zwinkern mir zu, während die Kinder uns zuwinken, anlachen und sogar ein Stück mit uns mitlaufen. Wir haben viel Freude, als uns auf einmal so viele fröhliche Gesichter anschauen. Vor uns fährt eine Familie, die gerade einkaufen war. Zu viert sitzen sie in dem engen Wagen, unterhalten sich angeregt und die Kinder bekommen nach einigem Quängeln etwas zu naschen.

Sukarara Village

Als wir im Dorf ankommen, steigt der Fahrer aus und sagt am dorfeigenen Sarong-Geschäft Bescheid, dass Besucher gekommen seien. Wir bedanken uns bei ihm für die lustige Fahrt und er sich für den Extraschein. Der Mann, der uns in Empfang nimmt hat lange, zum Zopf gebundene schwarze Haare, trägt ein schwarzes Hemd, einen Sarong, aber keine Schuhe. Auf einem Auge ist er blind. Trotzdem wirkt er, als könne er mehr sehen, als die meisten Menschen mit gesunden Augen. Er hat eine Art spirituelle Aura, wenn man das so nennen kann. Wir fühlen uns in seiner Gegenwart willkommen. Er führt uns durch das Dorf und erzählt uns über die Tradition des Webens und das Leben der Weberinnen.

Die Frauen und Männer leben in dem Dorf in einer nahezu autonomen Gemeinde und bleiben ihr ganzes Leben lang dort. Die Mädchen, so erzählt er, lernen schon sehr früh die aufwändige Kunst des Webens. Erst, wenn sie mehrfarbige Schals und bestimmte Muster weben können, dürfen sie heiraten. Bevor die Mädchen aber selbst weben dürfen, lernen sie die Webstühle für die Älteren vorzubereiten. Beim Anblick der vielen Schnüren und komplizierten Wickeltechniken verstehen wir, dass selbst das Erlernen dieser Aufgabe schon viel Zeit in Anspruch nimmt.

Bis zu drei Monaten arbeiten die Weberinnen an einem Schal. Gewebt werden hauptsächlich Sebuk Nala, zwei gleichlange bunte Tücher, Sebuk Antang, die Gürtel der Sasak-Frauen und Purbasari, Sarongs für festliche Anlässe. Die Frauen sitzen dabei stundenlang mit ausgestreckten Beinen unter den Webvorrichtungen. Die meisten von ihnen hatten ihre Kinder um sich herum, die neben ihnen im Sand mit ihren Spielzeugen spielten.

Malimbu Beach

Die Sonne scheint heiß durch die Dunstschleier, die über dem Meer hängen. Nirgendwo gibt es Touristen. Wir parken unseren Roller im Schatten der Kokospalmen. Ein freundlicher Mann kommt auf uns zu und bietet uns eine Liege im Schatten an – Geld will er dafür keines haben. Wir kaufen zwei Kokosnüsse bei ihm und machen es uns gemütlich – so gut das eben bei der Hitze geht. Wirklich lang können wir nicht still liegen… Hinter uns stehen kleine Hütten, wo Familien frisch gebratenen Fisch verkaufen, den die Fischer immer wieder aus dem Meer holen. Am Strand spielen viele Kinder. Die jüngeren stürzen sich beherzt in jede Welle, die ihren Weg in die Bucht gefunden hat, die älteren spielen Fußball. Erik fühlt sich von der Hitze an diesem Tag erschlagen und legt sich zurück auf die Liege, während ich auf der Suche nach schönen Muscheln am Wasser entlang spaziere.

Zwei Mädchen, vielleicht Schwestern und ihr älterer Bruder, werden auf mich aufmerksam, als ich fast schon beschämt versuche, die zauberhafte Szenerie der spielenden Kinder mit der Kamera einzufangen. Sie winken mir, ich winke schüchtern zurück. Die beiden Mädchen kommen auf mich zugerannt, ihr Bruder stapft gemütlich hinterher. Vor mir bleiben sie stehen, grinsen mich an und plappern gleich in stark gebrochenem Englisch los: Wie ich Lombok finde und wie ich heiße wollen sie wissen. Ich erkläre natürlich, dass ich es wunderschön finde und frage sie nach ihren Namen. Sie lachen mich aus, als ich versuche sie nachzusprechen. Aber so wichtig scheinen die Namen auch nicht zu sein – ein Foto ist wichtiger. Ihr Bruder ist inzwischen da und macht zuerst ein Bild mit meiner Kamera, dann mit dem Tablet des älteren Mädchens. Die meiste Zeit kichern und lachen sie, ich lache mit, einfach weil die beiden so fröhlich und freundlich sind. Als sie ihr Foto haben, laufen sie zurück zu ihren Freunden. Aus der Ferne sehe ich, wie sie das Tablet rumreichen und mich anschauen.

Mit dem Roller zu den Reisfeldern von Tetebatu

Auf einer unserer Touren nach Tetebatu, am Fuße des Gunung Rinjani, halten wir an einer der vielen Töpfereien, an denen wir vorbeikommen. In den Hallen stehen stapelweise handgefertigte und handbemalte Unikate. Wir erhaschen einen Blick auf den Hinterhof und werden gleich entdeckt. Eine Frau winkt uns freundlich zu sich. In gebrochenem Englisch fragt sie, ob wir nicht selbst etwas töpfern wollen. Es scheint, als wären wir nicht die ersten Fremden, denen sie das anbietet… schnell holt sie ein paar Musterstücke hervor. Ein bisschen erinnert und das an den Kunstunterricht in der Grundschule, aber wirklich nein sagen können wir auch nicht.

Als wir schließlich mit angematschten Fingern da sitzen und einen Elefanten und ein Schälchen formen kommen wir uns endgültig albern vor. Trotzdem: Die Frau scheint sich zu freuen, wir machen Witze mit ihr und ein bisschen bemitleidet sie uns bestimmt für unsere ungeschickten Versuche dem Elefanten ein Gesicht aufzumalen.

Als wir schließlich Tetebatu erreichen, essen wir Mittag in einem Warung. Um uns herum sind viele Jugendliche aus dem Dorf, plaudern und spielen Gitarre. Englischsprachige Pop-Balladen, vor allem die von Bruno Mars, scheinen ihnen besonders zu gefallen. Wir lassen unseren Roller stehen und machen einen Spaziergang durch die Reisfelder. Immer wieder kommen uns Frauen und Männer entgegen, die Holz zum Dorf tragen oder mit Gerätschaften auf die Felder gehen. Leider haben wir keine Möglichkeit mit ihnen zu sprechen, sie haben es eilig. Nur ein älterer Mann bleibt stehen, um uns zu begrüßen und zu fragen, woher wir kommen. Gegen ein Foto hat er nichts.

Lombok war für uns genau das Inselparadies, das wir uns erträumt hatten: Wenig Touristen, leere Strände, Ruhe, Ursprünglichkeit und ein Einblick in das Leben der Einheimischen. Wenn wir die Reise noch einmal machen könnten, würden wir definitiv mehr Zeit für diese traumhafte Insel einplanen.


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