Die Reykjanes Halbinsel lebt: Sie wackelt, sprudelt und speit und doch wurde sie angesichts berühmterer Sehenswürdigkeiten wie dem Golden Circle und der tosenden Wasserfälle des Südens immer übersehen. Doch als wäre sie es Leid, trotz ihrer unleugbaren Lebendigkeit immer im Schatten zu stehen, entschloss sie sich, sich unwiderruflich ins Gedächtnis zu rufen: Wie könnte man auch den Anblick vergessen, als sie 2021 nach einem wochenlangen Erdbebenschwarm 450 Meter hohe Lavafontänen gen Himmel schickte!? Seitdem ist die Reykjanes Halbinsel nicht mehr zur Ruhe gekommen. Immer wieder öffnen sich neue Krater und beweisen, dass man nicht gut daran tut, zu erzählen: "Ach, auf der Reykjanes Halbinsel waren wir nicht. Da gibt es doch nicht viel zu sehen."

Doch keine Sorge: Auch wenn im Vulkangebiet seit 2021 in seismischer Hinsicht wirklich viel los ist, haben die isländischen ForscherInnen die Situation immer bestens im Blick, sodass Du - solange Du dich an eventuelle temporäre Sperrungen hältst - nichts zu befürchten hast. Im Gegenteil: Vielleicht wirst du sogar Zeuge oder Zeugin des nächsten spektakulären Ausbruchs so wie ich damals im Mai 2021. Und falls nicht, warten noch mindestens 5 weitere beeindruckende Orte auf der Reykjanes Halbinsel auf Dich, die sich unbedingt zu sehen lohnen.

Sicherheit auf der Reykjanes Halbinsel

Was Du heute angesichts der Vulkanausbrüche wissen musst

Am 19. März 2021 erwachte nach 800 Jahren Stille das Vulkansystem unter der Reykjanes Halbinsel zum Leben! Seit dem Ausbruch des Fagradalsfjall haben vier weitere Ausbrüche für Furore gesorgt (Stand 02/2024) - vor allem seitdem sich ausgerechnet unter der Stadt Grindavik ein Magmatunnel geformt hat. Die folgenden Ausbrüche sorgten tatsächlich für Schäden in der Stadt und beschädigten auch das Geothermalkraftwerk Svartsengi. Dennoch: Die Vulkanische Aktivitäten in Island werden jederzeit strengstens durch ExpertInnen überwacht, zudem werden immer passende Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Auch der Flugverkehr ist bei dieser Art von Ausbrüchen nicht betroffen und wurde seit Beginn der Eruptionen keinen einzigen Tag deshalb eingestellt. Glücklicherweise gibt es rund um das Vulkansystem abgesehen von Grindavik, der Blue Lagoon und Svartsengi auch keine nennenswerte Infrastruktur, die beschädigt werden könnte.

Solange du dich also an eventuelle temporäre Weg- und Straßensperrungen hältst und die Warnungen auf safetravel.is berücksichtigst (auch in deutscher Sprache), brauchst du keine Angst vor den Vulkanausbrüchen haben.

Informationen zu den vulkanischen Aktivitäten auf der Reykjanes Halbinsel

Die 6 beeindruckendsten Orte auf der Reykjanes Halbinsel

1. Wo die wilde Gunna spukt: Die Thermalquellen Gunnuhver

1703, Island. In einem kleinen Ort auf der rauen und wilden Reykjanes Halbinsel lebte Guðrun Önundardóttir, kurz genannt Gunna. Als sie eines Tages die Pacht für ihr kleines Häuschen nicht mehr zahlen konnte, kam der Landeigentümer und pfändete Gunnas einzigen Besitz: Ihren geliebten Kessel. Der Verlust ihres Heiligtums trieb Gunna so in den Wahnsinn, dass sie kurze Zeit später starb. Als die Männer ihren Sarg zum Friedhof trugen, bemerkten sie, wie mit jedem Schritt der Sarg immer leichter wurde. Beängstigt blickten sie einander an und hörten wie der Wind ein Säuseln an ihre Ohren brachte: "Nicht tief graben, will nicht lange liegen."

Noch in der Nacht von Gunnas Begräbnis fand man den Landeigentümer, der ihr den Kessel nahm, mit gebrochenen Knochen tot auf einem Feld. Doch damit war Gunnas Rachsucht nicht gestillt… immer wieder erschien ihr Geist im Dorf und ängstigte die Menschen zu Tode. In schierer Verzweiflung suchten die Bewohner Hilfe beim zauberkundigen Pastor. Tagelang grübelte er über einer List, mit der er Gunnas Spuk bannen könne und gab den Bewohnern schließlich ein Wollknäuel. Gunna sollte in ihrer Neugier das lose Ende fassen, während sie das übrige Knäuel an eine Stelle rollten, an der sie keinen Schaden mehr anrichten könne. In der folgenden Nacht also lauerten sie Gunna auf und rollten das Knäuel in eine heiße Quelle - und Gunna, in blinder Wut, stürzte hintendrein in das brodelnde Wasser.

Gunnas Spuk hatte nun ein Ende, doch Hellsichtige können sie auch heute noch manchmal auf dem Kraterrand sitzen sehen. Und wenn das Wasser einmal besonders laut hervor brodelt, kann man sie noch immer schimpfen hören.

2. Die bizarre Felslandschaft Valahnúkamöl

Nein, keine Sorge, ich kann den Namen dieser Felsformation auch nicht aussprechen. Zumindest kann ich Dir aber erzählen, dass sie durch unterseeische Vulkane entstanden ist, deren Lava bis über die Wasseroberfläche trat. Ganz nebenbei ist das Gebiet auch ein beliebtes Revier für Vogelbeobachtungen. Wenn Du genau hinschaust, wirst Du in der hohen Klippe jede Menge Vögel nisten sehen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass man ausgerechnet hier eine der Bronzeskulpturen platzierte, die im Rahmen des "The Lost Bird Projects" angefertigt wurde. Sie ist Teil einer ganzen Skulpturenserie ausgestorbener Vögel, mit der der Künstler Todd McGrain daran erinnern möchte, welchen Einfluss die Menschheit auf die Natur hat. Wenn Du also an Valahnúkamöl ein bisschen stromern gehst, wirst du auf einen Riesenalk treffen, der zur vorgelagerten Vogelinsel Eldey schaut.

3. Aufwärmen in der Blue Lagoon

zur Website der Blue Lagoon | Eintritt: ca. 100 Euro

Das Baden in einer heißen Quelle gehört quasi zum touristischen Pflichtprogramm, wobei die Blue Lagoon die mit Abstand berühmteste heiße Quelle Islands, wenn nicht sogar Europas sein dürfte. Ich persönlich kann den Hype wenig nachvollziehen, nachdem ich in mehreren heißen Quellen mitten in der isländischen Natur baden war, dennoch verstehe ich natürlich, dass eine Dusche und die Bars im Pool ein ziemlich attraktives Begleitprogramm darstellen. Seis drum: Die Blue Lagoon ist nicht grundlos berühmt und ist obendrein ein toller Abschluss für einen Ausflug auf der Reykjanes Halbinsel. Solltest Du dir nicht ganz sicher sein, ob Du den nicht ganz unerheblichen Eintritt zahlen möchtest, kannst du auch von außen einen Blick auf das milchig-blaue Wasser zwischen den schwarzen Lavafelsen werfen - das zumindest empfehle ich dir sehr, denn eine solche Farbkombination habe ich bisher kein zweites Mal auf der Welt in der Natur gesehen.

Tipp: Vor kurzem hat in Reykjavik ein weiteres Thermalbad eröffnet, das sich aus einer natürlichen heißen Quelle speist: Die Sky Lagoon. Auch dort gibt es das volle Programm samt Pool-Bar und sogar den unverstellten Blick aufs Meer, jedoch schien mir das Klientel dort deutlich angenehmer als ich es in der Blue Lagoon erlebt habe.

4. Hochtemperaturgebiet Seltún

Vom Vulkan einmal abgesehen, hat mich das Hochtemperaturgebiet Seltún mit Abstand am meisten beeindruckt. Schon von Weitem sieht man Dampfsäulen aufsteigen und die Schlammtöpfe sprudeln, wobei die milchig-blauen Wasserläufe und die orange-rote Erde die Landschaft aussehen lassen, als hätte sich ein Riese mit dem Farbtopf ausgetobt. Auf einem Holzbohlensteg bewegt man sich sicher zwischen den heißen Quellen, wobei man dennoch aufpassen sollte, dass sich nicht doch einmal ein Spitzer verirrt... Was hier aus der Erde sprudelt ist teilweise mehr als 100°C heiß!

5. Schaurige Tiefen: Der See Kleifarvatn

Eingerahmt von Bergen und einer orange schimmernden Tufflandschaft bietet der See Kleifarvatn ein wahrlich spektakuläres Bild. Mit 97 Metern Tiefe ist er einer der tiefsten des Landes - jedoch nicht immer. Hin und wieder sinkt und hebt sich die Wasseroberfläche, wenn Erdbeben an der Erdoberfläche reißen und unter dem See neue Spalten entstehen. Bisher, so konnten GeologInnen beobachten, stieg der Spiegel jedoch nach geraumer Zeit wieder.

Der Sage nach lebt in dem See Kleifarvatn übrigens ein Seeungeheuer. Pass also besser ein bisschen auf, wenn Du Steinchen flitschern lässt. Nicht, dass Du es noch weckst...

6. Krýsuvík: Das feurige Herz der Reykjanes Halbinsel

Achthundert Jahre lang hat das Vulkansystem Krýsuvík-Trölladyngja auf der Reykjanes Halbinsel friedlich vor sich hingeschlummert - bis schließlich am 19. März 2021 um 20.45 Uhr nach 40.000 Erdbeben die Erde aufbrach. 700 Meter war die erste Fissur lang, später waren bis zu acht Risse gleichzeitig aktiv, aus denen sich die Lava über das Land ergoss. Ende April, Anfang Mai aber änderte sich das Eruptionsmuster: Während bisher die Lava eher geflossen war, katapultierte der Fagradalsfjall im Abstand von 4 Minuten Lavafontänen von bis zu 450 Meter Höhe gen Himmel.

Im Ascheregen

Warum ich das so genau weiß? Nun, ich war da. Ich war da, als Rauchwolken über mir aufstiegen und die Erde grollte, als es kleine Lavabröckchen regnete und mir die Haare versenkten. Ich kann mich gut erinnern, als ich auf einmal völlig panisch war, weil ich trotz penibelster Vorbereitung auf einmal doch unsicher war, ob ich nicht doch eine wichtige Meldung verpasst hatte, denn außer mir war an diesem Morgen niemand sonst auf dem schmalen Pfad in Richtung Vulkan. Doch ich war bereits zu nah... Nach 2 schweißtreibenden Stunden sah ich hinter der letzten Kuppe auf einmal die rote Lava vor dem wolkenverhangenen Himmel, eine Wand warmer Luft rollte über den Berg. Obwohl die Angst in diesem Moment ihren Höhepunkt erreicht, kann ich nicht anders als loszurennen - hoch auf den Berg, die letzte Barriere zwischen mir und dem Vulkan.

Es ist einer der wenigen Momente, die ich bisher erlebt habe, in denen ich nicht mehr in der Lage bin, klar zu denken - zu überwältigend sind die Aufregung, die Faszination, die Angst, die Euphorie und das Gefühl, es tatsächlich hier her geschafft zu haben. Etwas weiter unten am Hang entdecke ich zum Glück eine Gruppe Menschen und ich beruhige mich ein wenig. Anscheinend bin ich einfach nur sehr früh dran. Auf einmal verebbt die Fontäne. Ich suche mir also einen windgeschützteren Platz und warte.

Lang dauert es nicht, keine 5 Minuten - und das Schauspiel beginnt von vorn. Ich fange an, die Situation zu begreifen… Lavafontänen in Intervallen: Jacke auf (gegen die Wärme), Hände über den Kopf (gegen den Lavaregen), schauen, fotografieren, Jacke zu, warten. Nach der 12. Fontäne bin ich durchgefroren, der eiskalte Wind hat die schwitznasse Haut auskühlt. Und ich lüge nicht, wenn ich behaupte, dass ich mich nach keinem Abschied noch so oft umgedreht habe, wie nach dem Fagradalsfjall.

Tipps für die Besichtigung der Vulkane auf der Reykjanes Halbinsel

Tipps für eine Besichtigung des Vulkans kann momentan niemand geben, denn die vulkanische Situation auf der Reykjanes Halbinsel ändert sich seit März 2021 in kurzen Abständen. Inzwischen gab es vier weitere Ausbrüche (Stand 02/2024), wovon mindestens einer Schäden in der Stadt Grindavik verursachte. Der Trend zeigt, dass die Ausbrüche jedoch immer kürzer werden und schon nach wenigen Tagen wieder versiegen. Inwiefern es also noch einmal zu einer Situation kommen wird, in der man einen aktiven Vulkan wie den Fagradalsfjall besichtigen kann, ist fraglich. Falls es dazu kommt, wirst Du zahlreiche Angebote für geführte Wanderungen finden, z.B. bei arctic adventures. Sie bieten außerdem Touren zu den erloschenen Vulkanen und den frisch entstandenen Lavafeldern an! Solltest Du tatsächlich das Glück haben, während eines Ausbruchs vor Ort zu sein, der jedoch (noch) nicht zu Fuß besichtigt werden kann, check unbedingt die Helikopterrundflüge von Nordurflug!

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