
Auf halber Strecke zwischen Barcelona und Valencia, im Herzen von Katalonien, erhebt sich wie aus dem Nichts das Gebirge Ports de Tortosa-Beseit. Ein sperriger Name für etwas so eine spektakuläre Landschaft. Bis zu 1441 Metern Höhe erheben sich die Kalkfelsen – mal rund, mal spitz, mal in Form schmaler, begrünter Türme wie in Pandora! Schon der erste Blick aus der Ferne hat jedenfalls genügt, um mich wie ein kleines Kind auf meine bevorstehende Wanderung zu freuen. Tatsächlich befindet sich hier eines der bestgehüteten Hidden Gems unter den europäischen Fernwanderwegen: Der Estels del Sud. Über 104 km führt er in stetigem Auf und Ab durch den Parc Natural dels Ports, durch Kiefern- und Steineichenwälder, zu Wasserfällen und türkisblauen Naturpools, hoch hinaus auf Berge mit spektakulären Landschaften und tief nach unten in ebenso spektakuläre Schluchten.
In diesem Beitrag findest du alle wichtigen Infos zum Estels del Sud, eine Übersichtskarte und eine detaillierte Beschreibung aller 5 Etappen, Fotos von den Unterkünften und natürlich – wie gewohnt – die komoot-Links und GPS Dateien zum Download.
Der Parc Natural dels Ports – Picassos verborgenes Paradies
Ich gebe zu, dass ich noch bis zu dem Moment, als ich nach Arnes kam, keine Vorstellung vom Parc Natural dels Ports oder dem Gebirge Ports de Tortosa-Beseit hatte, geschweige denn hatte ich zuvor davon gehört. Und das, obwohl kein geringerer als Pablo Picasso selbst dieses Gebiet zu seinem persönlichen Paradies erkor. Ganze Wochen und Monate verbrachte er mit seinem Freund Manuel Pallarès wandernd und malend in den Bergen des Parc Natural dels Ports; später wird er über diese Zeit sagen „Alles, was ich weiß, habe ich in Horta gelernt“. Mit diesem Wissen lässt sich bereits erahnen, von welch außergewöhnlicher Schönheit die Landschaft hier, im Terres de l'Ebre, dem südlichen Katalonien, sein muss: Riesige leuchtend helle Kalksteintürme erheben sich gen Himmel, zwischen ihnen tiefe Schluchten geflutet von türkisblauen Flüssen, üppige Kiefern- und Steineichenwälder, in ihnen versteckt die Iberische Steinböcke und über ihnen kreisend ganze Scharen von Gänsegeiern.
Insgesamt umfasst der Parc Natural dels Ports in etwa eine Fläche vergleichbar mit dem Nationalpark Harz, wobei sich die Berge wie aus dem Nichts und ohne Übergang aus dem Delta des Ebro erheben. An klaren Tagen kann man so von den Gipfeln problemlos über die Ebene hinweg bis zum Meer schauen, wobei Mont Caro, mit 1442 Metern der höchste unter ihnen, natürlich den besten Blick bieten dürfte.
Anreise: So erreichst du den Parc Natural dels Ports
Zug Barcelona - Tortosa buchen bei renfe.es | Infos zum Bus zwischen Tortosa - Arnes/Paüls bei hife.es
Obwohl es sich beim Ports de Torosa-Beseit um ein Bergmassiv mit sympathisch wenig Infrastruktur handelt, sind die umliegenden Orte und Startpunkte für die Wanderung erstaunlich gut erreichbar. Von der Station Barcelona Sants (Stadtzentrum) bzw. Barcelona El Prat de Llobregat (mit Flughafen-Anbindung) geht es zunächst in zweieinhalb Stunden mit dem Zug nach Tortosa, wobei das Ticket zwischen 10 und 15 Euro kostet. Anschließend braucht es noch eine Busfahrt nach Paüls (40 Minuten), Arnes (1 Stunde) oder Beseit (1,5 Stunden). Alle drei Orte liegen direkt am Wanderweg Estels del Sud.
Der Wanderweg Estels del Sud im Parc Natural dels Ports: Die wichtigsten Infos
Ich konnte es kaum glauben, als ich erfuhr, dass gerade einmal 500 Menschen pro Jahr den Estels del Sud wandern – vor allem nicht, nachdem ich selbst drei der fünf Etappen kennengelernt hatte. Im Vergleich: Auf dem Kungsleden sind jedes Jahr etwa 30.000 Menschen unterwegs. Mit anderen Worten: Der Estels del Sud ist ein wahres Hidden Gem! In fünf Etappen quert der Weg einmal die Berge des Parc Natural dels Ports und verlässt die Berge dabei nur für die drei Übernachtungen in den angrenzenden Orten Arnes, Beseit und Paüls. Die beiden übrigen Nächte verbringt man jedoch mitten im Parc in typisch spanischen Refugis.
Technischer Anspruch
Doch so romantisch die Beschreibung bis hierher auch klingt: Der Estels del Sud ist kein Wanderweg für EinsteigerInnen. Tatsächlich ist das Gelände mitunter ziemlich fordernd, nicht nur wegen der steilen Auf- und Abstiege über Geröll und Felsen. Vor allem im Bereich der Schlucht Parrizal (Etappe Beseit - Refugi Font Ferrera) verändern die wechselnden Wasserstände die Wegführung, sodass man sich manchmal durch Gestrüpp schlagen muss, an anderen Stellen braucht es sogar einzelne Schritte über Steigbügel entlang der Felswände, um dem Wasser auszuweichen. Hier und da warten außerdem einzelne ausgesetzte Stellen oder sogar kleine Kraxeleien wie auf dem Weg zwischen dem Refugi Font Ferrera und dem Refugi de Caro.
Der Estels del Sud fordert also durchaus eine gehörige Portion Trittsicherheit und nicht minder Kondition – davon hängt maßgeblich ab, wie schwierig man den Weg letztlich empfindet. Ich persönlich habe keine der Situationen als besonders fordernd empfunden, jedoch (zur besseren Einordnung für dich) gehe ich auch regelmäßig klettern und habe keine Probleme mit Höhe, Kraxeleien, Balancieren und Ähnlichem.
Unabhängig von deiner Konstitution empfehle ich dir jedoch dringend ein Satellitentelefon. Innerhalb des Parc Natural dels Ports hatte ich nirgendwo Empfang und hätte also im Zweifelsfall ohne mein Garmin InReach auch keine Hilfe holen können.
Die fünf Etappen des Estels del Sud im Parc Natural dels Ports
Achtung: Bei noch keiner Tour habe ich eine so große Abweichung zwischen den Höhenmeter-Angaben in den verschiedenen Apps (Outdooractive, komoot, wikiloc, Locus Map) festgestellt wie beim Estels del Sud – wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass es immerzu so viel auf und ab geht und somit viele Höhenmeter buchstäblich durchs Raster fallen. Die folgenden Daten kommen der Realität vermutlich am nächsten, jedoch solltest du fit genug sein, um noch etwa 15% mehr zu schaffen!
- Arnes - Beseit (Hotel La Fábrica del Solfa)
23,0 km | 1000 hm+ | 1050 hm- - Beseit - Refugi Font Ferrera
19,1 km | 1200 hm+ | 550 hm- - Refugi Font Ferrera - Refugi de Caro
18,2 km | 740 hm+ | 780 hm- - Refugi de Caro - Paüls (Casa Rural Ca les Barberes)
21,6 km | 550 hm+ | 1350 hm- - Paüls - Arnes (Casa Rural Cal Gorro)
21,6 km | 1160 hm+ | 1000 hm-
Laufrichtung
An welchem Ort du den Estels del Sud beginnst, spielt im Grunde genommen keine Rolle (Arnes, Paüls und Beseit sind per Bus erreichbar), jedoch empfehle ich dir dringend die Laufrichtung wie bei mir angegeben entgegen des Uhrzeigersinns, maßgeblich wegen der steilen Aufstiege, Kraxelstellen und Steigbügel die du sonst im Abstieg nehmen müsstest und die dann mit ziemlich unnützem Verletzungsrisiko einhergehen.
Schlafen & Verpflegung am Estels del Sud
Zwei der fünf Nächte verbringst du in Refugis, also in Berghütten (die Gegebenheiten sind dieselben wie auch in Alpenhütten), zwei Nächte in sogenannten Casa Rurals (vergleichbar mit einfachen B&Bs) und eine Nacht in einem hübschen Hotel. Die hier vorgestellten Unterkünfte gehören zum offiziellen Estels del Sud Netzwerk. Solltest du also über die Website buchen wirst du in diesen Unterkünften untergebracht, wobei meiner Meinung jede einzelne ganz wunderbar charmant ist. Organisierst du deine Reise allein, hast du aber natürlich auch die Möglichkeit in Arnes, Beseit und Paüls andere Unterkümfte als die vorgeschlagenen zu wählen.
- Beseit: Hotel La Fábrica del Solfa
- Refugi Font Ferrera
- Refugi de Caro
- Paüls: Casa Rural Ca les Barberes*
- Arnes: Casa Rural Cal Gorro*
An allen Unterkünften wirst du auf Wunsch mit Frühstück, Abendessen und einem Lunchpaket versorgt, beziehungsweise findest du in Arnes, Paüls und Beseit Restaurants. Jedoch solltest du dir bewusst sein, dass sich die vegetarischen Alternativen in Grenzen halten und das Essen sehr gluten- und fleischlastig ist. Außerdem ist es mir ziemlich schwer gefallen, mit dem angebotenen Frühstück auf die notwendigen 500-600 kcal zu kommen.
Je nachdem, wie empfindlich du also beim Essen bist oder wie hoch dein Bedarf ist (ich vertrage nur kleine Mengen Gluten und esse kein Fleisch), empfiehlt es sich, die ein oder andere Notration im Rucksack zu haben.
Meine kulinarischen Favoriten am Weg:
- das Essen im Refugi de Caro (die Wirtin Maria ist eine großartige Köchin)
- das Abendessen im Hotel Fábrica del Solfa
- die Bar Casal in Arnes (nicht von Tripadvisor täuschen lassen. Die Stimmung ist toll, das Essen einfach, aber richtig gut. Mein Tipp: Der grüne Salat, die Patatas Bravas und der Toast mit Lachs und Ei)
Für mehr Entspannung: Planung, Guide & Gepäcktransport
Natürlich ist es möglich, den Estels del Sud auf eigene Faust zu planen, so wie jede andere Mehrtagestour auch – eine Reservierung der Unterkünfte genügt. Doch mit Sicherheit kennst du das Dilemma, wenn du schon einmal eine Hüttentour gegangen bist: Je mehr Etappen eine Tour hat, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass irgendeine der Unterkünfte zum Wunschdatum bereits belegt ist – und dann beginnt man wieder von vorn. Wenn du dir diesen Stress sparen willst, hast du die Möglichkeit, den Estels del Sud über die offizielle Website planen zu lassen. Auf den ersten Blick erscheint sie etwas undurchsichtig, doch im Gegensatz zu den vielen automatisierten Buchungsplattformen erreichst du hier noch echte Menschen, die sich von A bis Z um deine Reise kümmern, wobei dich dieser Service gerade einmal 45 Euro pro Person kostet.
Dabei kannst du natürlich das Startdatum, deinen bevorzugten Ausgangspunkt und die Laufrichtung angeben, über das Lunchpaket entscheiden und deine sonstigen Wünsche angeben. Als kleines Goodie gibt es außerdem eine Stempelkarte für die einzelnen Etappen und ein Finisher-Shirt.
Darüber hinaus hast du die Möglichkeit (unabhängig davon, ob du die Unterkünfte über die Website buchst oder nicht) einen Gepäcktransport in Anspruch zu nehmen oder sogar einen Guide für die Wanderung zu buchen. Kurz: Die OrganisatorInnen sind wirklich von Herzen bemüht, allen WanderInnen ihre ganz individuelle Estels del Sud - Erfahrung zu ermöglichen.
Die 5 Etappen des Estels del Sud im Parc Natural dels Ports im Detail
Bitte beachte, dass ich im Rahmen der Pressereise nur die Etappen 1-3 vollständig gelaufen bin. Von der 4. Etappe habe ich lediglich das Etappenziel, die Casa Rural Ca les Barberes, gesehen, von der 5. Etappe kenne ich immerhin die letzten 10 Kilometer und das Etappenziel Arnes mitsamt der Casa Rural Cal Gorro.
Etappe 1: Arnes - Beseit
Länge: 23,0 km | Höhenmeter: 1000+ / 1050- | zur Tour bei komoot | Highlights: El Toll del Vidre, Gipfel Penyagalera, Flussufer Riu Ulldemó, Beseit
Die ersten Kilometer der Etappe Arnes - Beseit verlaufen relativ unaufgeregt auf leicht begehbaren Pfaden durch Olivenhaine und später durch dichten Kiefern- und Steineichenwald - perfekt um erst einmal wach zu werden. Die ersten Steigungen, aber auch die ersten spektakulären Felslandschaften, erwarten dich bei der Umrundung des Punta de'l Aliga (754m). Zwischen hoch aufragenden Felsen glitzern Wasserbecken, nur noch vereinzelte Bäumen umrahmen die sonst kargen Steine. Auch das erste Highlight lässt nicht lang auf sich warten: Nur einen kleinen Abstecher entfernt vom Weg liegt El Toll del Vidre - ein kleiner Wasserfall, der sich in einen türkisblau funkelnden Pool ergießt, tief genug, dass man von den Felsen aus hineinspringen kann.
Diese Erfrischung ist im Sommer auch dringend nötig, denn gleich darauf folgt der steile Anstieg hinauf zum Gipfel des Penyagalera. Von hier aus eröffnet sich zum ersten Mal der atemberaubende Blick auf das umliegende Gebirge, der dich von nun an immer wieder auf deinem Weg durch den Parc Natural dels Ports begleiten wird.
Riu Ulldemó - mein persönliches Paradies im Parc Natural dels Ports
Bevor aber die Etappe endet, erwartet dich nach dem Abstieg ein weiteres kleines Paradies: Das Flussbett des Riu Ulldemó mit seinen unzähligen Badestellen und kleinen Wasserfällen. Der offizielle Weg kreuzt hier lediglich den Fluss (flach genug, um barfuß hindurchzuwaten, andernfalls gibt es eine Reihe Steine, über die man balancieren kann), jedoch empfehle ich dir wärmstens genügend Zeit einzuplanen, um in Ruhe am Ufer zu stromern, bevor du deinen Weg nach Beseit fortsetzt. Tatsächlich wartet aber auch dieser allerletzte Teil des Wegs mit so tollen Ausblicken auf, dass ich sogar später noch einmal von der Unterkunft zum Mondaufgang zurückgelaufen bin.
Bei Beseit selbst handelt es sich meiner Meinung nach um den charmanten Ort am Estels del Sud. Viele schmale Gassen führen zur Kirche, unterwegs findet man außerdem einige gut erhaltene mittelalterliche Waschplätze und mit dem Poza de la Font de Rabosa auch einen weiteren paradiesischen Badeplatz mitten in der Stadt. Ganz besonders hübsch ist auch der Blick von der Brücke unmittelbar vor dem Hotel La Fábrica de Solfa. Solltest du eine andere Unterkunft wählen, lohnt sich der Spaziergang dorthin also dennoch!
Übernachtung im Hotel La Fábrica del Solfa
beim Hotel La Fábrica del Solfa handelt es sich um die mit Abstand luxuriöseste Unterkunft am Esels del Sud. Neben den warmen, aber minimalistischen Zimmer begeistert die ehemalige Papierfabrik mit einem fantatischen Blick über das blau schimmernde Flussbecken hinweg auf die Dächer von Beseit und mit einem ausgezeichneten Fine Dining Restaurant.
Etappe 2: Beseit - Refugi Font Ferrera
Länge: 19,1 km | Höhenmeter: 1200+ / 550- | Tour bei komoot | Tickets für El Parrizal | Highlights: Pool El Azud, Ruinen der Masia San Miquel, El Parrizal, Aussicht auf El Parrizal von oben, der jahrhundertealte Baum Tejo de la Coscollosa
Die Strecke zwischen Beseit und dem Refugi Font Ferrera gilt als die Highlight-Etappe des Estels del Sud, maßgeblich wegen der berühmten Schlucht El Parrizal. Bis zu 60 Meter ragen die Felswände hier senkrecht nach oben, manchmal sind kaum mehr als eineinhalb Meter Platz zwischen ihnen. Doch anstelle von Dunkelheit wird die Schlucht beherrscht von dem märchenhaften Funkeln der tief türkisblauen Wasserbecken des Río Matarraña. Statt Pfaden gibt es hier (fast) ausschließlich Holzstege, die geradewegs übers Wasser führen, mal unmittelbar über der Wasseroberfläche, mal hoch oben auf Aussichtsplattformen.
Weil El Parrizal aber nicht nur das Highlight des Wegs, sondern auch des Parc Natural dels Ports selbst gilt und per Auto erreichbar ist, empfehle ich dir wärmstens, diese Etappe möglichst zeitig zu starten. Bis zum Eingang der Schlucht sind bereits 7 km zurückzulegen, wobei du möglichst vor 09.00 ankommen solltest, wenn die Menschenmassen die Stege strömen.
Wichtig: Solltest du nicht über die Website buchen, musst du dir dein Ticket für die Schlucht selbstständig vorab kaufen.
Der tückischste Abschnitt des Estels del Sud
Mit dem “Fin de Ruta”, dem offiziellen Ende von El Parrizal, beginnt anschließend auch das Abenteuer: Je nach Wasserstand gilt es nun, sich einen Weg durch den hinteren Teil der Schlucht zu schlagen. Wenn du Glück hast, führt der Fluss kein Wasser und du kannst einfach durchs ausgetrocknete Flussbett laufen. Andernfalls musst du dir einen Weg entlang der steilen Hänge links und rechts suchen, zwischendurch wartet auch eine Stelle, an der du über Steigbügel einen kleinen Felsen erklimmen musst (3 Schritte, keine weitere Ausrüstung nötig). Aufgrund der teils dicht stehenden Pflanzen hätte ich mir im Nachhinein für diesen Abschnitt meine Neoprenschuhe gewünscht, um einfach hier und da ein paar Schritte durch den Fluss gehen zu können.
Nach knapp 2 Kilometern ist dieser Abschnitt aber auch schon wieder geschafft. Ein steiler Anstieg noch und alles weitere lässt sich easy gehen – natürlich nicht ohne einen spektakulären Blick aus der Höhe zurück über die Felstürme von El Parrizal.
Übernachtung im Refugi Font Ferrera
Das Refugi Font Ferrera ist der Inbegriff der spanischen Berghütte: Hier übernachtest du in einem einfachen, aber gemütlichen Bettenlager, abends servieren die Hüttenwirte persönlich hausgemachte spanische Hüttenkost am Kaminfeuer (wenn man Glück hat, erwischt man den Tag, an dem es Paella gibt). Die Atmosphäre ist warm und herzlich, man spürt, dass das Refugi mit viel Hingabe geleitet wird und fühlt sich fast wie ein Kind, wenn Moises und Anna sich darum kümmern, dass alle satt werden und es gemütlich haben.
Etappe 3: Refugi Font Ferrera - Refugi de Caro
Länge: 18,2 km | Höhenmeter: 740+ / 780- | Tour bei komoot | Highlights: tausend spektakuläre Ausblicke entlang der gesamten Etappe
Auch wenn die Etappe durch die Schlucht Parrizal als Highlight-Etappe gilt, gefiel mir persönlich der Weg zwischen den beiden Refugis Ferrera und Caro am besten. Nach den ersten Minuten im Wald folgt der Weg auf dieser Etappe über mehrere Kilometer einem Bergrücken – mal links, mal rechts davon, aber fast immer mit großartigen Ausblicken. Doch Achtung: Wo Ausblicke sind, ist auch wenig Schatten. Entsprechend solltest du diese Tour möglichst früh beginnen – erst ab Kilometer 11 bekommst du den schützenden Schatten der Wälder zurück. Denn zwischen Grat und Wald folgt ein weiterer Abschnitt in Form eines gemächlichen Abstiegs über eine breite Schotterstraße, wobei du hier einige der verrücktesten Felsformationen des Parc Natural dels Ports sehen wirst.
Auf nach Pandora!
Während die Etappe bis hierher überraschend leicht zu gehen ist, mit dem Weg in den Wald hinein der schwierige Part. Am besten deshalb noch einmal an der Font de la Llagosta das Wasser auffüllen – du wirst es dringend brauchen! Sämtliche positiven Höhenmeter dieser Etappe überwindet man nämlich auf den nächsten 6 Kilometern und entsprechend wird es steil, steil, steil. Glücklicherweise eröffnen sich auch hier so irre Ausblicke, sodass man jederzeit ein Alibi bekommt, um stehen zu bleiben. Tatsächlich sind die Felsentürme hier so schmal und begrünt, dass ich mehrfach glaubte, mich in den Landschaften von Avatar zu befinden.
Wichtig: Behalte auf diesem Stück trotzdem unbedingt den GPS-Track im Blick! Bei Kilometer 15,4 setzt sich der Weg gut sichtbar als Abstieg fort – jedoch ist das nicht der Weg zum Refugi de Caro. Dieser führt linkerhand über einen Felsen mit verblichenen Markierungen noch ein kleines Stück weiter hinauf und ist an dieser Stelle auch nicht als Weg erkennbar, weil man den Fels hinauf kraxeln muss (in zwei Schritten geschafft, es gibt mehrere Stellen, wo man Füße und Hände sicher setzen kann).
Hat man es schon einmal hier hoch geschafft, lohnt sich der kleine Abstecher zum Coll de Pallers. Anschließend folgt nur noch ein vergleichsweise angenehmer Abstieg und ca. 1,5 Kilometer auf der Fahrstraße zum Refugi de Caro.
Übernachtung im Refugi de Caro
An den Abend im Refugi de Caro habe ich ganz besonders schöne Erinnerungen – nicht nur, weil ich hier mit meinem Guide und zwei lieben Kanadierinnen, die uns an diesem Tag zufällig begleitet haben, die Etappe mit einer Flasche Wein gefeiert habe, sondern auch maßgeblich wegen des gemütlichen Abendessens später am Feuer. Eintopf, Salat, gegrilltes Hühnchen aus dem Ofen mit einer herrlich würzigen Soße, anschließend ein Pudding, noch dazu die Wärme des Kamins – so viel Heimeligkeit wie hier habe ich lang nicht mehr empfunden. Und sicherlich hat auch die Hüttenwirtin Maria mit ihrer lieben Art einen Großteil dazu beigetragen, dass ich mich hier so geborgen gefühlt habe.
Etappe 4: Refugi de Caro - Paüls
Länge: 21,6 km | Höhenmeter: 550+ / 1350- | Tour bei komoot
Die vierte Etappe ist der Grund, weshalb ich mich bei meiner Pressereise auf drei Tage beschränken musste – die 1300 Meter Abstieg (und vermutlich mehr), hätte mein verletztes Knie noch nicht wieder gepackt. Traurig bin ich darüber aber natürlich trotzdem, weil auch hier ein Großteil der Etappe oberhalb der Baumgrenze über den Bergrücken führt – teilweise über Wiesen, an anderen Stellen über nackte Felsen, in jedem Fall aber mit unglaublichen Ausblicken, teilweise sogar bis zum Meer. Achtung aber: Einige Stellen sind laut meines Guides Miguel dabei so beschaffen, dass man den Weg nicht bei starkem Wind gehen sollte. Vor und nach dem Bergrücken wartet (wie inzwischen gewohnt) auch der schützende Schatten der Wälder – hier in diesem Teil des Gebirges vorrangig Kiefern.
Gutes Wetter und moderate Temperaturen vorausgesetzt, liegt diesmal der schwierigste Part am Ende: Ab Kilometer 15, unterhalb des Moleta del Camp (1070m), beginnt der steile Abstieg hinunter nach Paüls. Solltest du bisher gezweifelt haben, ob du Wanderstöcke mitnehmen möchtest: Allein für diesen Abschnitt lohnt sich das Extragewicht! Selbst gesunde Knie freuen sich hier über Support.
Bevor du letztlich Paüls erreichst, entschädigt das Erholungsgebiet Sant Roc mit Wasserfällen, alten Steinmauern, plätschernden Bächen und vor allem jede Menge Pausenplätzchen und knorrigen Eichenbäumen. Da man ohnehin am nächsten Tag durch Paüls läuft, kannst du hier ganz ohne FOMO noch ein bisschen Zeit verbringen.
Übernachtung in der Casa Rural Ca les Barberes
Niemals hätte ich hinter den grauen Fassaden des alten Hauses ein solch liebevoll gestaltetes Refugium erwartet. Schon die vielen bunten Figuren auf der Terrasse kündigen an, dass hier vermutlich ziemlich lebensfrohe Menschen leben. Und wirklich: Obwohl schon alt, wirkt Enric so glücklich wie ein Kind, wenn er seinen Gästen seine bunten Mosaike zeigt. Überall findet man sie im Haus: Am Eingang, im Speisesaal, in den gemütlichen Zimmern, sogar auf dem Weg zur Toilette, es scheint, als sei jeder Winkel mit Farbe und Freude erfüllt.
Etappe 5: Paüls - Arnes
Länge: 21,6 km | Höhenmeter: 1160+ / 1000- | Tour bei komoot | Highlights: Punta de L’Aigua, Els Estrets, Toll Blau
Leider konnte ich auch die letzte Etappe wegen meines Knies nicht komplett gehen, aber immerhin die letzten 10 Kilometer. Zunächst aber geht es von Paüls bergauf, erst moderat, dann ziemlich steil, immer in Richtung des 1092 m hohen Punta de L’Aigua. Abgesehen von einem kurzen Stück ist der Abstieg auf der anderen Seite deutlich leichter, ab der Hälfte der Strecke gibt es sogar fast gar keine nennenswerten Höhenmeter mehr zu überwinden.
Els Estrets: Das Beste kommt zum Schluss
Dieser Part ist auch der, den ich kennengelernt habe, wobei ich am Parkplatz “Roques de Benet” eingestiegen bin – also genau am richtigen Punkt, um die fantastische Schlucht Els Estrets zu erleben! Immerzu folgt man hier auf einem begradigten, leicht begehbaren Weg dem Wasserlauf des Riu dels Estrets zwischen hoch aufragenden Bergen. Über Jahrhunderte hat sich das Wasser hier tief in den Fels gegraben und regelrechte Rinnen geschaffen. An vielen Stellen sind diese sogar so tief, dass sich unzählige Pools gebildet haben – einer einladender als der nächste. Dem größten und tiefsten Becken wurde sogar ein eigener Name verliehen: Toll Blau. Seine smaragdgrüne Farbe ist von solcher Intensität, dass man fast das Gefühl hat, einen überdimensionalen Diamanten vor sich zu sehen.
Nimm dir hier ruhig noch einmal viel Zeit, um ein letztes Mal die unglaubliche Landschaft des Parc Natural dels Ports in dich aufzusaugen, denn gleich hinter Toll Blau verlässt du nicht nur die Schlucht, sondern auch den Parc selbst. Mit den Bergen im Rücken trennen dich dann nur noch 3 Kilometer von Arnes, wobei du diese hauptsächlich auf einer wenig genutzten Fahrstraße zurücklegst. Ich persönlich mag so “langweilige” Abschnitte am Ende einer Tour sogar ganz gern… Irgendwie laden sie doch immer zum Resümieren ein und dazu, sich in aller Ruhe von dem Weg zu verabschieden.
Übernachtung in der Casa Rural Cal Gorro
Es ist eines der ältesten Häuser der Stadt, das heute die Casa Rural Cal Gorro beherbergt. Tatsächlich hat das Ehepaar, das die Casa betreibt sogar ein kleines Museum in der Eingangshalle errichtet und bei der Renovierung darauf geachtet, möglichst viele Dinge zu erhalten – sei es der alte Holzofen in der Küche, die alten Wasserhähne oder das alte Eingangstor. In Kombination mit den antiken Möbeln gleicht eine Nacht fast einer kleinen Zeitreise. Und das Beste: Abends, wenn du dich in dein gemütliches Bett kuschelst, kannst du dich schon auf das Frühstück freuen – meiner Meinung nach das beste Frühstück am Weg, mit einer feinen Auswahl hyperlokaler Produkte. Yum!
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Transparenz: Dieser Artikel entstand in Auftrag von Terres de l'Ebre und Katalonien Tourismus – Agència Catalana de Turisme und enthält Werbung. Doch du darfst dir sicher sein: Einen so detaillierten Artikel mit so vielen Fotos hätte ich nicht zustande gebracht, wenn ich nicht absolut begeistert gewesen wäre von der Wanderung.
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