Gerade ließen sich die ersten Sonnenstrahlen hinter den Bäumen blicken und den Nebel in goldenen Herbsttönen tanzen, als wir Hřensko erreichten. Der Herbst kam früh und die Luft war trotz ihres goldenen Schimmers bitterkalt. Die feinen Wasserperlen des Nebels krochen unbarmherzig unter die Kleidung, sodass kein Wollpullover etwas gegen die Kälte auszurichten vermochte. Nur die Bewegung würde helfen, sodass wir keine Zeit verloren, und uns schnell auf den Weg machten, die erste Bootsanlegestelle der Klamm zu erreichen.
Vom Wanderparkplatz zur Wilden Klamm
Länge: 17,7 km
Dauer: 6,0 h
Höhenmeter: 610 positiv, 610 negativ
Um den Touristenanstürmen zu entgehen, hatten wir uns entschieden, 09.00 Uhr das erste Boot zu nehmen und uns entgegen der beliebteren Gehrichtung von Hřensko aus zu wandern. Dafür parkten wir unser Auto am Wanderparkplatz in Mezní Louka 6 km oberhalb des Ortes. Auch, wenn unser Plan, uns durch Bewegung aufzuwärmen von gefühlt eintausend Fotopausen durchkreuzt wurde, gelang es uns mit dieser Überlegung wenigstens, den Familienausflügen für lange Zeit aus dem Weg zu gehen.
Als wir in der Klamm ankamen, waren wir tatsächlich ganz allein in der fast schon mystischen Stille, die der Dunst des Morgens um das plätschernde Wasser und das gelegentliche Rascheln der Blätter spannte. Nur der Rauch über dem Kassenhäuschen verriet, dass zumindest die Kahnfahrer den Beginn des Tages nicht verschlafen hatten. Ein Blick durchs Fenster hätte aber auch daran Zweifel aufkommen lassen können, denn von dem Mann, der uns gleich durch die Klamm fahren würde, war unter der Mütze und der dicken Jacke kaum mehr zu sehen als seine Nasenspitze und seine Hände, die sich fast schon verzweifelt an eine Kaffeetasse klammerten.
Bootsfahrt durch die Wilde Klamm
Mit fast schon schlechtem Gewissen warteten wir, nachdem selbst ich des Fotografierens müde geworden war, am Steg und konnten unseren Augen kaum trauen, als der Mann, der eben noch auf dem Weg zurück in seine nächtlichen Träume war, fröhlich und freundlich vor uns stand. Er kassierte uns ab und war über die private Bootsfahrt anscheinend nicht minder erfreut als wir. Auf der kurzen Fahrt durch die Wilde Klamm wies er uns dennoch mit gelernter Euphorie auf jede Erscheinung hin, die sich in den hohen Felsen links und rechts des schmalen Flusses erkennen ließen. Krokodil, Schlange, Homer Simpsons Fuß… eine gewisse Komik hatte diese Situation schon, denn ich weiß bis heute nicht, wer von uns dreien wohl am gelangweiltesten davon war, die magische Stille mit albernen Vergleichen zu zerreißen, ohne, dass dabei einer von uns unter schallendem Gelächter die nächste Schnapsflasche zückte.
Stille Klamm
Auch, wenn man davon spricht, die Edmundsklamm zu besuchen, sind es eigentlich zwei Klammen, die man östlich von Hřensko bei einer Wanderung durchquert. Die Wilde und die Stille Klamm (letztere meint die Edmundsklamm) liegen nur wenige hundert Meter voneinander entfernt schmal zwischen den bis zu 150 m hohen Felsen, die steil an beiden Seiten des Kamnitzbachs aufragen. Bis ins 19. Jahrhundert hinein galt die Klamm bei den Bewohnern von Hřensko als unüberwindbares Hindernis, obgleich das Wasser für die Holzflößer die Lebensgrundlage war. Erst 1890, als eine Gruppe von 5 Abenteurern auf eine Wetter hin die Klamm unbeschadet mit dem Floß durchfuhr, wurde sie auf Geheiß von Fürst Edmund Clary-Aldringen von 200 Arbeitern touristisch erschlossen.
Denn zumindest so viel sei gesagt: Die Wanderung durch die Edmundsklamm zum Prebischtor ist längst kein Geheimtipp mehr. Wenn Du also nicht besonders zeitig oder besser noch außerhalb der Ferienzeit und der Wochenenden unterwegs bist, wirst Du keinen Meter gehen können, ohne kleinen und großen und mehr oder weniger betrunkenen Ausflugsgruppen zu begegnen. Früh am Morgen und an den Wochentagen ist die Edmundsklamm jedoch noch immer genau das Naturparadies, das man sich anhand der Bilder ersehnt.
Bootsfahrt durch die Edmundsklamm
Nachdem wir angelegt und entlang der Terrassen des Restaurants zum zweiten Steg gelaufen waren, blieb uns auch dort dank der morgendlichen Gelassenheit der Kahnfahrer genügend Zeit, um uns intensiv dem so bekannten Insta-Hotspot der Edmundsklamm zu widmen. Noch immer erfüllte Nebel die Klamm – zum Glück – denn sonst hätte ich das so oft fotografierte Häuschen kaum erkannt, wo doch dicke Wolken, Regen und Nebel, so dunkel wie irgend möglich, die einzig akzeptable Kulisse der geneigten Instagrammer ist. Was folgte war eine weitere semi-lustige Fahrt, diesmal jedoch in Begleitung einem jener schnapsflaschenschwingender Ausflügler, der sich über die Vergleiche der Felsen mit Comicfiguren so laut amüsierte, dass allein dadurch die Fahrt einem wirklich komischen Kabarett glich, wenn auch hier die Komik eher in der Gesamtsituation lag als in Homer Simpsons zweitem Fuß.
Hinauf zum Prebischtor
Am Ende der Edmundsklamm folgten wir ein kleines Stück der Straße von Hřensko nach Mezní Louka und bogen nach einigen hundert Metern wieder linkerhand in den Wald ein. Durch ihn zieht sich ein sandiger Weg, wie er für das Elbsandsteingebirge typisch ist, hinauf bis zum Prebischtor. Als wir das Prebischtor erreichten, stand die Sonne inzwischen brennend am Himmel, wie es der eisigkalte Morgen in der Klamm und die Jahreszeit kaum hätten vorhersehen lassen. Während das Prebischtor an diesem traumhaften Sonntag ebenso bevölkert war wie die Klamm, lag unser restlicher Weg dahinter in fast schon paradiesischer Stille. Nur das unverwechselbare Geräusch unserer Wanderschuhe im Sand erfüllte die Szenerie, während die ersten bunten Blätter der Bäume um uns herum bewegungslos in der ungewöhnlichen frühherbstlichen Hitze hingen.
Wichtige Informationen zur Edmundsklamm:
Auf dem Abschnitt durch die Klamm fährt man zwei Mal mit dem Kahn. Die Fahrten kosten jeweils 3,50 Euro (Wilde Klamm) und 5,00 Euro (Stille Klamm), Stand 09/2020. Im Gegensatz zur Kirnitzschtalklamm gibt es keine Möglichkeit, die Klamm direkt am Wasser zu Fuß zu durchqueren. Demnach solltest Du vor deiner Tour unbedingt nochmal die Betriebszeiten checken. Normalerweise fahren die Kähne vom 28.03. bis 01.11. Ein Tagesticket für den Wanderparkplatz in Mezní Louka kostet 6,00 Euro.
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Was fuer ein wahnsinnig toll bebilderter Bericht!! Die Botsfahrt durch die Edmundsklamm haben wir damals auch gemacht, aber zum Prebischtor haben wir’s dann leider nicht mehr geschafft! Das muss unbedingt nachgeholt werden (hoffentlich spätestens im nächsten Herbst!)! Danke für den wunderschönen Reminder! LG Judith
Vielen Dank für die lieben Worte, Judith! Freut mich ganz sehr, dass Dir der Beitrag so gut gefällt 🙂 Ich drück die Daumen, dass Du bald nochmal herkommen kannst. Die Runde ist wirklich zu schön! Liebst, Magda