Als ich mich entschlossen habe, den Dog Shelter Place for Strays in Albufeira an der Algarve zu besuchen, hatte ich doch ein bisschen Angst vor der düsteren Tierheim-Atmosphäre und davor, wie ich mich dabei fühlen würde, die eingesperrten Hunde zu sehen. Umso überraschter war ich, als ich statt Käfigen und Traurigkeit ein riesiges sonniges Gelände samt Hundespielplatz, bunten Sheltern, Tiny House, Terrasse und 35 wild herumtollenden Fellnasen fand.
In diesem Interview mit der Betreiberin Elena Auschill liest Du, wie sie dazu kam, nach Portugal auszuwandern und ein Tierheim (pardon, einen Happy Place for Dogs) zu eröffnen, warum es in Portugal überhaupt so viel Hilfe für Hunde braucht, wie die Hunde aufgepeppelt werden und sie zu ihren neuen Familien in Deutschland finden. Am Ende des Beitrags findest Du außerdem alle wichtigen Infos, wie Du Place for Strays während deines Algarve-Urlaubs oder auch von Zuhause aus unterstützen kannst.
Place for Strays - ein Happy Place für Hunde (und Menschen) an der Algarve
Elena, wie bist Du dazu gekommen, aus Deutschland hierher nach Portugal zu ziehen und ein Tierheim aufzubauen?
Meine Mutti hat hier mit mir gewohnt, bis ich 4 Jahre alt war, dann sind wir zurück nach Deutschland gezogen. Mein Opi hat hier aber früher ein Haus gebaut, unser Familien-Urlaubshaus, sodass wir immer viel Zeit in Portugal verbracht haben. Und ich hatte auch selbst immer Hunde aus Portugal und fand es schon immer ganz schlimm, dass es hier so viele Straßenhunde gibt. Damals wollte ich schon alle einsammeln und helfen, aber das ging halt nicht. Deshalb hab ich immer gesagt:
Ach, wenn ich so Mitte 60 bin, dann geh ich nach Portugal und mache einen Hunde Shelter auf.
Wie das Leben so spielt, ist alles ganz anders gekommen. Ich habe hier eine Portugiesin kennengelernt, die alleine versucht hat, Hunde einzusammeln. Sie hat die Hunde in einer Ruine untergebracht… das waren keine schönen Zustände. Ich habe versucht ihr zu helfen, aber irgendwann musste sie von dem Grundstück runter und wusste nicht wohin mit all den Hunden. Da war für mich klar, dass wir helfen müssen. Meine Mutti und ich haben zum Glück dieses Grundstück hier gefunden und schnell einen Dog Shelter aufgezogen. Seit Oktober 2017 sind wir nun mit den ganzen Fellnasen hier.
Warum gibt es in Portugal überhaupt so viele Streuner?
Der Hund als Familienmitglied ist hier in Portugal noch nicht so richtig angekommen. Viele lassen ihre Tiere einfach auf der Straße rumlaufen, ohne dass sie kastriert sind und dann gibt es unendlich viel Nachwuchs. Das ist das ganz normale “Gassigehen” hier. Oft haben die Leute auch einfach kein Geld, ihre Hunde kastrieren zu lassen.
Und wie kommen die Hunde dann zu Euch?
Das ist ganz unterschiedlich. Unsere Amora haben wir zum Beispiel mit ihren zwei erwachsenen Töchtern eingesammelt, als die Töchter hochschwanger waren. In ihrem Fall hatte uns eine Anwohnerin informiert, die die drei immer gefüttert hat. Weil wir Amora aber natürlich nicht da lassen konnten, haben wir alle drei abgeholt. Die Muttis haben dann auch bei uns ihre Welpen bekommen.
Wenn die Hunde zu uns kommen, bekommen sie alle Impfungen, Chip und Pass, werden, wenn sie etwas haben, behandelt und später, wenn sie alt und fit genug sind, kastriert. Natürlich werden sie regelmäßig entwurmt und bekommen ihre Spot Ons. Wir peppeln sie also wieder auf - gesundheitlich aber durch Training und Sozialisierung.
Eine richtige Familie können wir aber eben leider nicht ersetzen. Hier kommen wenige HelferInnen auf 35 Hunde… die Liebe zu verteilen ist schwierig. Sobald ein Hund uns verlässt, können wir aber auch umgehend den nächsten wieder aufnehmen. Die Welpen von Amora sind übrigens inzwischen alle vermittelt, die Muttis und die Oma Amora sind noch da und warten auf ihr Zuhause.
An wen vermittelt ihr eure Hunde?
Größtenteils vermittelt wir unsere Hunde nach Deutschland, weil wir eben ein deutscher Verein sind und dort unseren Sitz und unsere Connections haben. Wir vermitteln auch hier in Portugal, aber das ist eher selten. Natürlich kann jeder zu uns kommen, der einen Hund möchte, aber das heißt nicht, dass jeder auch einen Hund von uns bekommt. Unser Herz hängt an jedem einzelnen, den wir haben. Wir lernen die Leute erst einmal kennen und sie sollen im Optimalfall die Hunde kennenlernen. Dann schauen wir gemeinsam, ob wir einen Hund haben, der zu ihnen und ihren Lebensumständen passt. Bis wir das passende Zuhause gefunden haben, leben die Hunde bei uns - egal wie lange es dauert.
Wie schaffst Du es, Dich um all die Hunde und Aufgaben zu kümmern?
Wir sind inzwischen ein großes und immer wachsendes Team. Unser Team Deutschland kümmert sich um die Vereinsunterlagen, die Facebook-Gruppe, die Website, die Kontrollen vor der Adoption, Finanzen und Buchhaltung. Unser Team Portugal besteht aus mir uns unseren festen Volunteers, die hier in der Umgebung wohnen und jeden Tag helfen. Wir haben zwei Schichten pro Tag zu denen die Hündchen rauskommen zum Rennen und Spielen und wir sauber machen, Futter, Wasser und Medikamente geben. Außerdem haben wir noch ein Mobile Home, das wir an Volunteers vergeben, die hier Urlaub machen.
Und wie kommen die Hunde dann nach Deutschland, wenn sie ein neues Zuhause gefunden haben?
Wenn wir einen Hund nach Deutschland vermitteln, organisieren wir eine*n FlugpatIn oder einen Landtransport. Wir haben zwei Gesellschaften, mit denen wir zusammenarbeiten. Die Transporter fahren etwa zwei Mal im Monat. Das sind ganz süße Menschen, die die Transporter fahren - die weinen dann manchmal sogar, wenn sie die Hunde nach der Fahrt wieder übergeben müssen. Und natürlich sind die Transporter klimatisiert und die FahrerInnen machen regelmäßig Pipi-Stopps.
Stimmt es eigentlich, dass man sich als Anfänger lieber keinen Tierschutzhund zulegen sollte, weil doch die meisten Probleme aus ihrer Vergangenheit mitbringen?
Es ist ein riesengroßen Vorurteil, dass angeblich alle Hunde aus dem Tierschutz einen Knacks weg hätten und aggressiv, krank oder ängstlich wären.
Es gibt natürlich welche, die mit dem, was sie erlebt haben, mehr ihr Päckchen zu tragen als andere, aber das betrifft bei Weitem nicht alle. Man hat da meist entweder Tierschutzhunde aus Deutschland oder aus Ländern wie Rumänien vor Augen, die wirklich schon richtig krasse Sachen erlebt haben. In Deutschland ist es eher so, dass die Hunde unbedacht angeschafft und nicht richtig trainiert werden. So landen sie dann als vom Menschen geschaffene “Problemhunde” in den Tierheimen. Hier in Portugal ist es eher so, dass die Hunde oft ungesehen zur Welt kommen oder nicht mehr gewollt werden. Deshalb trainieren und sozialisieren wir unsere Hunde. Amora zum Beispiel ist ein richtiger Anfängerhund. Einen besseren, einfacheren Hund findest Du nicht. Oder Wally: Er wurde versucht zu erhängen. Er ist in seinem jungen Leben wirklich durch die Hölle gegangen, ist jetzt aber der süßeste und liebste Hund überhaupt, läuft gut an der Leine und kann schon Sitz.
6 Möglichkeiten, Place for Strays bei ihrer Arbeit unterstützen kannst
Die effektivste Art, Place for Strays zu unterstützen, ist natürlich die Adoption eines Hundes. Allerdings gibt es auch unabhängig davon jede Menge Möglichkeiten, Elena, ihrem Team und den Hunden zu helfen.
Hilfe für die Hunde direkt vor Ort in Albufeira an der Algarve
- Kurzfristige Hilfe zu den Besuchszeiten: Mehrmals pro Woche besteht zu festen Besuchszeiten die Möglichkeit, Place for Strays zu besuchen - ideal, wenn Du zum Beispiel gerade Urlaub an der Algarve machst. In dieser Zeit kannst Du die Hunde kennenlernen und knuddeln, bei den täglichen Aufgaben helfen und/oder Gassi gehen. Auf der Website findest Du ein Kontaktformular, über das Du dich unkompliziert anmelden kannst.
- Volunteering: Wenn Du mehr Zeit bei den Hunden verbringen möchtest, steht für Dich auf dem Gelände ein Mobile Home bereit. Gegen eine kleine Tagespauschale kannst Du für eine beliebig lange Zeit bei Place for Strays wohnen, unterstützt bei den Schichten, knuddelst von früh bis spät Hunde und kannst die restliche freie Zeit als Urlaub an der Algarve verbringen.
Hilfe für das Tierheim Place for Strays von Zuhause aus
- Geld- und Sachspenden: Elena und ihr Team sind dringend auf Spenden angewiesen, denn schließlich wollen täglich 35 hungrige Hunde gefüttert und tierärztlich versorgt, gepflegt und betreut werden. Auf der Website findest Du die Angaben zum Spendenkonto. Sachspenden wie Halsbänder, Leinen, Spielzeug, Hundebetten etc. können an eine deutsche Sammelstelle geschickt werden.
- Patenschaft: Wenn Du keinen Hund adoptieren kannst, Du dich aber trotzdem in eine der Fellnasen verliebt hast, kannst Du deinem “Patenkind” auch direkt helfen. Von dem Geld wird “dein” Hund entwurmt, gegen Parasiten behandelt, geimpft und bei Bedarf tierärztlich behandelt. Und natürlich gibt’s eine Patenschafsturkunde.
- Vereinsmitgliedschaft: Außerdem besteht die Möglichkeit, gegen einen geringen monatlichen Beitrag dem Verein beizutreten.
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