
Nachdem wochenlang eine Corona-Maßnahme nach der anderen verhängt wurde, konnte ich es kaum noch erwarten, endlich die graue Stadt zu verlassen - irgendwohin in die Natur, Hauptsache raus. Mit verbundenen Augen tippe ich also auf die Karte (damals unser liebstes Spiel) und lande einen echten Volltreffer! Norddeutschlands höchstes Mittelgebirge! Was folgte, war ein himmlisches Wander-Wochenende im Harz mit vier wunderbaren kleinen und größeren Touren auf malerischen, spannenden und sagenumwobenen Wegen durch die Heimat der Hexen. In diesem Beitrag findest du nun meine besten Tipps zum Wandern im Harz mit jede Menge Bildern und vier ganz konkreten Tourenvorschlägen inklusive komoot-Link und GPS-Datei.
Freitag: Ein erster Spaziergang an der Teufelsmauer
Auch wenn wir es nicht allzu weit haben in den Harz, so blieb am späten Nachmittag leider nicht mehr so viel Zeit - doch immerhin noch genug für einen kleinen Abstecher zur Teufelsmauer, dem Teufelmauer-Garten und dem idyllischen Marienhof samt Café und Hofladen. Heute kann man sich kaum noch vorstellen, die Teufelsmauer an einem warmen Sommerabend verlassen vorzufinden. Damals aber saßen wir ganz allein in der untergehenden Sonne vor den Felsen und ich las zu den vielen Harzer Sagen...
Die Sage von der Teufelsmauer
Einst, als Gott und Teufel die Welt zwischen sich aufzuteilen versuchten, willigte Gott ein, dass dem Teufel all jenes Land gehören sollte, das er binnen einer Nacht mit einer Mauer abgrenzen könne. Der Teufel fing sogleich an zu bauen. In jener Nacht war jedoch ein altes Mütterchen auf dem Weg zum Markt, um dort früh am Morgen ihren Hahn zu verkaufen. Das Mütterchen jedoch stolperte, der Hahn erschrak und fing an zu krähen. Der Teufel, außer sich vor Zorn, als er den Hahnenschrei hörte und annahm, die Nacht sei zu Ende, bevor er seine Mauer fertigstellen konnte, riss vor Wut sein begonnenes Bauwerk ein. Zurück blieb nur ein kleiner Rest - von seitan die Teufelsmauer genannt.
Tipp für mehr Zeit: Highlight-Wanderung im Harz von der Teufelsmauer zur Rosstrappe
Länge: 17,0 km | Höhenmeter: 570 +, 520 - | Möglichkeiten abzukürzen: Sessellift an der Rosstrappe, Sessellift am Hexentanzplatz | Rückweg: Bus oder RE zwischen Thale Hbf und Neinstedt | Harz-Highlight-Tour bei komoot
Solltest du etwas mehr Zeit haben und vielleicht schon am frühen Nachmittag ankommen, hast du übrigens die Möglichkeit, von der Teufelsmauer geradewegs zur Rosstrappe und nach Thale zu Wandern. Auf dem Weg: Der sagenumwobene Hexentanzplatz und der spektakuläre Blick ins Bodetal! Noch besser: Aufgrund der geographischen Lage besagter Hot Spots, kannst du die Wanderung entweder als 19-km lange Rundtour organisieren oder die letzten - zugegebenermaßen recht unspektakulären - 6 km von Thale zurück nach Neinstedt durch eine kurze Zug- oder Busfahrt ersetzen. Außerdem hast du sowohl am Hexentanzplatz als auch an der Rosstrappe die Möglichkeit, die Tour mit dem Sessellift abzukürzen.
Samstag: Sagenhafter Harz
Vor der Wanderung: Ein Abstecher zum Hexentanzplatz
Der Hexentanzplatz ist neben dem Brocken und der Rosstrappe einer der sagenumwobensten Orte des Harz und Zentrum des Harzer Hexenkults. Der Legende nach, trafen sich hier früher zur Walpurgisnacht die Hexen, um ihre gespenstige Rituale zu feiern, bevor sie noch in derselben Nacht auf ihren Besen zum Brocken ritten, um dort um die Hand des Teufels anzuhalten. Natürlich ist diese nur eine von vielen Geschichten, die sich um den Platz ranken.
Auch wenn der Ort heute dank vieler Attraktionen, Gaststätten und Co. ein touristischer Hot Spot ist, so wollte ich ihn wenigstens mal kurz gesehen haben - schließlich war das seit Kindertagen mein erster Besuch im Harz.
Den Hexentanzplatz erreicht man entweder mit der Seilbahn von Thale für 9 Euro (Berg- und Talfahrt) oder über die gut ausgebaute Zufahrtsstraße. Ein weiteres Ticket bringt dich mit dem Sessellift bis zur Rosstrappe. Für den Parkplatz am Hexentanzplatz zahlst Du für einen kurzen Aufenthalt 3,50 Euro. Diesen Ausflug schaffst Du - zumindest im Sommer - auch noch bequem vor der Wanderung ab Schierke.
Eine abenteuerliche Wanderung zu Schierkes Klippen & Wurzelpfaden
Länge: 17,2 km | Höhenmeter: 400 +/- | Tour zu Schierkes Klippen bei komoot
In Schierke angekommen, findest Du am “Brocken-Coaster” einen großen Wanderparkplatz, auf dem man für aktuell 5 Euro/Tag parken kann. Mach dir keine Gedanken, sollte der Parkplatz sehr voll wirken… der “Brocken Coaster” ist ein beliebtes Ausflugsziel für Familien und direkt oberhalb befinden sich sowohl der Bahnhof der Harzer Schmalspurbahn und unzählige Wanderwege, sodass sich die vielen Leute doch schnell in verschiedenste Richtungen verlaufen.
Auch wir folgen vom Parkplatz aus dem Weg die ersten Kilometer stetig bergauf, vorbei am Bahnhof Schierke und dem kleinen Aussichtsfelsen Trudenstein. Zugegeben, dieser erste Abschnitt führt nicht unbedingt durch die malerischste Waldlandschaft, doch tauschst Du ab dem Trudenstein die breiten Forstwege endlich gegen schmale Pfade. Während wir dort zunächst noch unter dicht gewachsenen Bäumen über knorriges Wurzelwerk wanderten, lichtete sich bereits 100 Höhenmeter später der Wald. Statt dunkler Waldlandschaft ist das Bild auf der Höhe geprägt von flachen, roten und leuchtend grünen Büschen und großen Granitsteinen, die den Weg zu den verschiedenen Klippen weisen. Highlight ist hier vor allem die spektakuläre Leistenklippe, von der aus man einen tollen Blick zum Brocken hat!
Auf dem Eulenstieg zur Landmannsklippe
Mehr oder weniger springend bahnt man sich hier den Weg von Stein zu Stein entlang des “Grats”. Bevor der Weg jedoch wieder bergab in Richtung Schierke führt, findet sich der fast schon unscheinbare “Eingang” zum Eulenstieg - meinem persönlichen Highlight der Tour. Am Wegweiser steht “schwierig zu begehen” und tatsächlich: Die Warnung ist Programm. Auf einem extrem schmalen Pfad stakst, springt und klettert man hier fast schon umständlich über Felsen und umgefallene Baumstämme, die mitunter so dicht liegen, dass der Weg kaum noch erkennbar ist. Doch all das ist überhaupt nicht negativ gemeint - der Weg zur Landmannsklippe ist das reinste Abenteuer und macht riesigen Spaß! Als wir schließlich an der Klippe ankamen, hatten wir längst vergessen, dass diese doch unser ursprüngliches Ziel war, für das wir uns überhaupt auf diesen Pfad begeben haben. 😉
An den Gleisen der Harzer Schmalspurbahn zurück nach Schierke
Der Weg zurück nach Schierke ließ sich nach der Kletterei auf dem Eulenstieg fast schon gemütliches Schlendern nennen - ganz besonders an den Wegabschnitten, an denen links und rechts saftig grüne Wiesen die Hügel bespannen. Doch selbst dieser letzte Abschnitt hält einen letzten, aufregenden Punkt bereit! Kurz vor Schierke stößt der Wanderweg auf den Bahnparallelweg der Harzer Schmalspurbahn und gibt damit die Möglichkeit, das wohl bekannteste Bild des Harzes aus nächster Nähe zu bestaunen! Und wirklich… bei allem Kitsch ist es doch jedes Mal aufs neue so aufregend, wenn es in der Ferne tutet und weiße Dampfwolken den herannahenden Zug ankündigen. Wenn dann der schwere Koloss über die Schienen rattert und der typische Duft von verbrannter Steinkohle, Öl und Ruß die Luft erfüllt, kribbelt mein Bauch immer noch wie beim ersten Mal, als ich als winziger Knirps mit meinen Großeltern das erste Mal vor der imposanten Lock stand.
Sonntag: Wandern entlang der Wasser-Wanderwege im Nationalpark Harz
Unser Sonntag begann entgegen aller Wettervorhersagen mit Regen. Und davon sogar jede Menge. Das war insofern aber gar nicht schlimm, da sich unsere ursprünglich geplante Wanderung vom Torfhausmoor zum Oderteich auch in zwei kleine Rundwanderungen trennen ließ. Das verschaffte uns etwas mehr Planungsfreiheit und die Möglichkeit, die einzelnen Regenschauer einfach abzuwarten. So suchten wir uns einen gemütlichen Platz zwischen Torfhaus und Oderbrück und starteten, als sich zwischen den Wolken die erste ausreichend große blaue Lücke auftat.
Über Stege durch das Torfhausmoor
Länge: 12,6 km | Höhenmeter: 200 +/- | Tour durchs Torfhausmoor bei komoot
Die erste Tour des Tages führte uns in etwa zweieinhalb Stunden und zwei großen Schleifen durch die aufregend schöne Landschaft des Torfhausmoors. Waldwege wechseln sich hier mit den schmalen Stegen ab, die direkt über das Moor führen. Ganz besonders spannend ist der Abbegraben, der an vielen Stellen munter am Weg entlangplätschert und durch das im Moor entstehenden Humins im Licht fast schon feuerrot leuchtet.
Die Harzer Moore
Die Harzer Moore zählen übrigens zu den besterhaltensten Deutschlands, da sich hier das Torfstechen aufgrund der feuchtkalten Witterung und der damit einhergehenden langen Trocknungszeit des Torfs nicht lohnte. Knapp 2000 ha des Nationalparks sind vermoort. Grundlage hierfür bilden die unterschiedlichen Torfmoose, die bis ins Unendliche wachsen und zeitgleich am Grund absterben. Da durch die Feuchtigkeit keine vollständige Zersetzung stattfinden kann, entwickelten sich so über Jahrtausende meterdicke Moorkörper. Die Vegetation, die jetzt auf den Mooren wächst, hat demnach keine Verbindung zum Grundwasser mehr und nährt sich nur vom Regenwasser. Dabei können die Torfmoose das 25-fache ihres Trockengewichts an Wasser aufnehmen, sodass sie wie riesige, mit Regenwasser gefüllte Schwämme in der Landschaft liegen.
Natürliche Regeneration
Diese Wanderung liefert zudem die Antworten auf die vielen Fragen, die der kahle Wald im Harz aufwirft. Denn sicherlich werden Dir die vielen umgefallenen Fichten auffallen, die den Harz vielerorts in eine richtige Geisterlandschaft verwandeln. Der Wald-Wandel-Weg kurz hinter Beginn der Tour erklärt anhand kleiner Tafeln, wie es durch Stürme und Borkenkäfer dazu kommen konnte und wie wohl die Zukunft des Waldes im Harz aussehen wird. Spoiler: Der Wald wird sich regenerieren, so, wie er es schon immer getan hat, wenn wir Menschen ihn nur lassen.
Wandern & Baden am schönsten See im Harz
Länge: 11,8 km | Höhenmeter: 150 +/- | Tour rund um den Oderteich bei komoot
Inzwischen war der Himmel aufgeklart und die Luft duftete so frisch nach Regen, nassem Waldboden und der Wärme der Sonne, die sich zwischen den Wolken hervorgekämpft hatte. Der Regen hatte jedoch dazu geführt, dass wir den Oderteich fast für uns allein hatten. Dieser liegt gerade einmal 5 Minuten Fahrt vom Torfhausmoor entfernt und schimmerte an diesem Tag in besonders sattem, dunklem blau, während sich die Bäumen in seiner glatten Oberfläche spiegelten. Sicher lag die Magie des Moments auch daran, dass wir ganz allein am Ufer standen, doch überkam uns hier das unvergleichbare Glücksgefühl, ein echtes Paradies gefunden zu haben.
Wir folgten deshalb nicht nur dem ausgeschilderten Rundwanderweg, sondern verlängerten unsere Tour gleich noch um drei weitere Kilometer zum Clausthaler Flutgraben. Dieser ist übrigens sogar Bestandteil des UNESCO Weltkulturerbes "Oberharzer Wasserregal". Wäre es etwas wärmer gewesen, hätten wir mit Sicherheit auch die Chance genutzt, im Badebereich des Sees ins Wasser zu hüpfen. Einen so schönen Badesee habe ich - zumindest in Deutschland - bisher noch nicht entdeckt! Stattdessen folgten wir an diesem Tag aber lieber dick eingemummelt den Wegen vorbei an plätschernden Bächen, über Brücken und Stegen, bis wir leider doch viel zu früh den Wanderparkplatz erreichten.
Tschüß, Harz! Ein letzter Halt in Quedlinburg
Je nachdem, in welche Richtung dein Heimweg liegt, bleibt am Nachmittag noch ein bisschen Zeit für einen letzten Abstecher, um all der Natur wenigstens ein klitzekleines kulturelles Erlebnis entgegenzusetzen. Wir hielten deshalb für einen kurzen Spaziergang und ein Stück Käsekuchen bei Vincents berühmter Käsekuchenbäckerei in Quedlinburg. Doch egal, ob mit oder ohne Kuchen - diese hübsche Stadt definitiv einen Spaziergang wert! Romanische Architektur und mehr als 2000 Fachwerkhäuser prägen das Stadtbild und überall in den gepflasterten Gassen finden sich kleine, niedliche Lädchen und Cafés. Wenn Du etwas mehr Zeit in Quedlinburg zur Verfügung hast, lege ich Dir wärmstens die "10 Tipps für Quedlinburg" auf dem Blog indigoblau ans Herz. Auf dem Blog Teilzeitreisender findest Du außerdem einen tollen Tipp für eine Übernachtung in einem der wunderschönen denkmalgeschützten Häuser Quedlinburgs.
Mehr Wander- und Outdoor-Abenteuer in Deutschland? Wie wäre es mit...
- einer Kajaktour im Spreewald
- einem Wander- und Kajak-Wochenende im Bayerischen Wald
- einer Wanderung durchs Schwarzwassertal im Erzgebirge
- einer zweitägigen Wanderung durch den wundervollen Fläming
- einem Wanderurlaub im Allgäu
- oder verschiedenen Wandertouren in der Sächsischen Schweiz
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Die Fotos sind echt super! So erfrischend anders, als in vielen anderen Blogs. Auch euren Text habe ich mit großem Interesse gelesen und mich dabei an meine eigenen schönen Harz-Momente erinnert. Den Wunsch, bei wärmeren Wetter im Oderteich zu schwimmen, kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich war im Winter dort und kann das ebenfalls sehr empfehlen. Schaut doch mal vorbei: https://www.breitengrad66.de/2020/02/09/oderteich-harz/
Liebe Grüße
Thomas
Hi Thomas, vielen Dank für die lieben Worte zu dem Beitrag! Darüber freu ich mich wirklich sehr! 🙂 Und wow, der Oderteich sieht zugefroren ja auch total magisch aus! Ich könnt mich gar nicht entscheiden, wann er mir besser gefällt. Ich muss wohl im Winter unbedingt nochmal hin. Liebste Grüße, Magda